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Kurz vor Ablauf einer von den USA gesetzten Frist hat Israel einen weiteren Grenzübergang für Hilfslieferungen in den Gazastreifen geöffnet. Der Kissufim-Übergang sei am Dienstag geöffnet und unter anderem "Lebensmittel, Wasser und medizinische Versorgung" in das Palästinensergebiet gebracht worden, erklärten die Armee und die für die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten zuständige israelische Behörde Cogat. Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA sowie weitere Hilfsorganisationen bezeichneten die Öffnung als unzureichend.
Die Öffnung des Grenzübergangs Kissufim gegenüber dem südlichen Gazastreifen solle "den Umfang und die Wege der Hilfslieferungen" verbessern, hieß es der gemeinsamen Erklärung der Armee und von Cogat.
In der Frage der Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung in dem Palästinensergebiet war Israel zuletzt zunehmend unter Druck geraten: Die USA hatten das Land angesichts der verheerenden humanitären Lage immer wieder aufgefordert, deutlich mehr Hilfslieferungen zuzulassen. Sie drohten, ansonsten US-Militärhilfen für Israel zurückzuhalten. Eine 30-tägige Frist, die Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin der israelischen Regierung gesetzt haben, läuft am Mittwoch aus.
Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) sowie acht humanitäre Organisationen erklärten, dass trotz der Öffnung des zusätzlichen Übergangs nicht genügend Hilfe im Gazastreifen ankomme. Die Hilfslieferungen in das Gebiet befänden sich auf "dem niedrigsten Stand seit Monaten", erklärte eine Notfallbeauftragte des UNRWA.
Die acht Hilfsorganisationen, darunter Oxfam und Save The Children, kritisierten zudem, dass Israel den Forderungen der USA "nicht nachgekommen" sei. "Wir fordern die US-Regierung auf, unverzüglich festzustellen, dass Israel seine Zusicherungen gebrochen hat", erklärten sie.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist nach gut einem Jahr Krieg katastrophal. UN-Mitarbeiter werfen Israel immer wieder vor, nicht genügend Hilfslieferungen zur Versorgung der notleidenden Bevölkerung in den Küstenstreifen zu lassen. Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte Israel auf, deutlich mehr Hilfsgüter in das Gebiet zu lassen.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1206 Menschen, zumeist Zivilisten, getötet. Zudem wurden 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Seit dem Hamas-Angriff geht Israel massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen wurden dabei bisher mehr als 43.660 Menschen getötet, mehrheitlich Zivilisten. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen, die UNO stuft sie jedoch als glaubhaft ein.
Nach dem Hamas-Überfall hatte die pro-iranische Hisbollah-Miliz im Libanon mit regelmäßigen Raketenangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel Ziele der Hisbollah im Nachbarland. Seit September hat die israelische Armee ihre Luftangriffe im Libanon deutlich verstärkt, zudem startete sie Ende September Bodeneinsätze gegen Hisbollah-Ziele im Südlibanon.
Am Dienstag wurden bei israelischem Beschuss westlich der libanesischen Hauptstadt Beirut und im Süden des Landes nach Angaben des libanesisches Gesundheitsministeriums mindestens elf Menschen getötet. Zudem wurden südliche Vororte von Beirut, die als Hochburgen der Hisbollah gelten, beschossen. Zuvor hatte die israelische Armee zur Evakuierung aufgerufen.
Unterdessen meldeten israelische Rettungskräfte den Tod zweier Männer in Naharija im Norden des Landes nach Raketenbeschuss aus dem Libanon. Dabei sei ein Lagerhaus getroffen worden. Laut der israelischen Armee war eine Salve von zehn Raketen aus dem Libanon auf Nordisrael abgefeuert worden. Die Hisbollah erklärte zudem, Raketen auf einen Militärflugplatz südlich von Tel Aviv abgefeuert zu haben.
Eine Forderung des rechtsextremen israelischen Finanzministers Bezalel Smotrich nach einer Annexion der israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland im kommenden Jahr wurde indes vonseiten des deutschen Botschafters in Israel, Steffen Seibert, scharf kritisiert. Dies sei "ein offener Aufruf zur Annexion", schrieb Seibert im Onlinedienst X. "Jede Vorbereitung zur Umsetzung dieses Ziels verstößt gegen das Völkerrecht", fügte er in seinem auf Englisch verfassten Beitrag hinzu.
Smotrich hatte am Montag erklärt, dass das kommende Jahr "das Jahr der Souveränität in Judäa und Samaria sein" werde, wobei er die israelische Bezeichnung für das Westjordanland benutzte. Er teilte mit, dass er Vorbereitungen für die "Anwendung der Souveränität" in israelischen Siedlungen in dem Palästinensergebiet angeordnet habe. Die bevorstehende Rückkehr von Donald Trump in das US-Präsidentenamt sei eine "wichtige Chance für den Staat Israel", erklärte Smotrich.
Israel hält das Westjordanland seit 1967 besetzt. Mehr als 490.000 Israelis leben dort in Siedlungen, die von den Vereinten Nationen als völkerrechtswidrig eingestuft wurden.
D.Graf--NZN