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Nach dem verheerenden Wirbelsturm "Chido" im französischen Übersee-Gebiet Mayotte hat das Innenministerium eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, um Plünderungen zu verhindern. Sie gelte zwischen 22.00 Uhr und 4.00 Uhr, teilte das Ministerium am Dienstag in Paris mit. Während genauere Opferzahlen in Mayotte weiter unklar waren, meldete das ebenfalls von "Chido" heimgesuchte Mosambik inzwischen 34 Tote.
In Mosambik seien mehr als 300 Menschen verletzt worden, teilte die Katastrophenschutzbehörde des afrikanischen Küstenstaates mit. Etwa 23.600 Häuser und 170 Fischerboote wurden dort zerstört.
Auf der Insel Mayotte im Indischen Ozean wurden bislang 21 Tote in dem einzigen Krankenhaus der Insel gemeldet. Nach Angaben von Premierminister François Bayrou wurden weitere 1700 Menschen als verletzt gemeldet, unter ihnen 200 Schwerverletzte. Die örtlichen Behörden rechnen mit mehreren Hundert Toten. Die Präfektur richtete eine Mission zur Suche nach Toten ein. Der Flughafen wurde für zivile Flüge gesperrt, es mehrten sich Sorgen um die Trinkwasserversorgung.
Bayrou erklärte, dass die Aufräumarbeiten voranschritten: Etwa 50 Prozent des Stromnetzes auf Mayotte seien wieder hergestellt, etwa 80 Prozent des Straßennetzes wieder zugänglich.
Der erst vor wenigen Tagen ernannte Bayrou geriet indes wegen seines Verhaltens angesichts des Hurrikans in die Kritik, weil er trotz seines neuen Postens an der Regierungsspitze auch weiterhin Bürgermeister der Pyrenäenstadt Pau bleiben möchte. Mit Blick auf die Hauptstadt von Mayotte sagte Frankreichs Parlamentspräsidentin Yaël Braun-Pivet von der Partei Renaissance von Präsident Emmanuel Macron: "Ich hätte es besser gefunden, wenn der Premierminister nach Mamoudzou geflogen wäre anstatt nach Pau."
Bayrou hatte am Vorabend persönlich an einer Sitzung des Stadtrats in Pau teilgenommen und sich deswegen nur per Video zu einer Krisensitzung mit Präsident Macron zur Lage in Mayotte zugeschaltet. Macron bezeichnete die Lage auf Mayotte im Anschluss als "Tragödie" und kündigte für Donnerstag einen Besuch auf der Insel an.
Bundeskanzler Scholz sprach Macron und den Hinterbliebenen in Mayotte in einem Kondolenztelegramm seine "tief empfundene Anteilnahme" angesichts der viele Todesopfer und Verletzten aus.
"Es ist eine apokalyptische Situation, die an ein Kriegsgebiet erinnert", sagte Tommaso Della Longa, Sprecher der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften, der BBC. Zu etwa 200 ehrenamtlichen Helfern des Roten Kreuzes sei derzeit der Kontakt abgebrochen, sagte er.
Der schlimmste Sturm, den die Insel seit 90 Jahren erlebt hatte, war durch die hohe Temperatur des Ozeans mitverursacht worden. Das Wasser an der Oberfläche des Meeres hatte bis zu 30 Grad erreicht. Nach übereinstimmender Einschätzung von Wissenschaftlern nehmen extreme Wetterphänomene in Folge des menschengemachten Klimawandels weiter zu.
Die örtlichen Behörden riefen Einwohner von Mayotte dazu auf, sich an Hilfsaktionen zu beteiligen. Nach Angaben des Innenministers sind 70 Prozent der Unterkünfte stark beschädigt. "Das Wichtigste sind Lebensmittel und Wasser", sagte der Bürgermeister von Mamoudzou, Ambdilwahedou Soumaila, dem Sender RFI. In weiten Teilen der Insel gab es weiter weder Strom noch Telefon.
Nach Angaben des französischen Generalstabs wird Mayotte derzeit mit zwei Transportflugzeugen versorgt. Am Donnerstag soll ein Schiff mit 180 Tonnen Hilfsgütern ankommen. Bis dahin soll auch eine mobile Klinik aufgebaut werden. Das französische Innenministerium entsendet 400 Gendarme, um die 1600 Sicherheitskräfte vor Ort zu unterstützen.
Bei dem Durchzug des Zyklons mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 220 Stundenkilometern wurden die stark bevölkerten Barackensiedlungen der Insel weitgehend zerstört. In den traditionellen Hütten und Wellblech-Unterkünften lebten zahlreiche Menschen ohne Papiere, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben vor allem von den benachbarten Komoren einwandern, unter ihnen auch viele Kinder ohne Eltern.
"Die Opferzahl wird sehr hoch sein", sagte Innenminister Bruno Retailleau, der die Insel am Montag besucht hatte. Es werde aber Tage dauern, um sie zu ermitteln. Mayotte sei "völlig verwüstet", 70 Prozent der Einwohner seien betroffen, betonte er.
Retailleau forderte mit Blick auf die zahlreichen Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung auf Mayotte, ein neues Einwanderungsgesetz auf den Weg zu bringen. "Wir müssen Gesetze erlassen, damit Frankreich die Kontrolle über die Einwanderung in Mayotte und im ganzen Land wieder erlangt", schrieb Retailleau auf X. Dies müsse eine "nationale Priorität" werden, fügte er hinzu.
Die Insel hat offiziell etwa 320.000 Einwohner, hinzu kommen zwischen 100.000 und 200.000 Einwanderer ohne Papiere. Viele von ihnen hätten sich aus Angst vor Kontrollen nicht in die Notunterkünfte begeben, hieß es in der Verwaltung.
O.Pereira--NZN