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Die seit drei Jahren inhaftierte iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi hat die Veröffentlichung ihrer Autobiografie angekündigt. Sie habe das Buch fertiggestellt und plane zudem ein weiteres Buch über aus politischen Gründen inhaftierte Frauen im Iran, sagte sie in einem schriftlich geführten Interview mit der französischen Zeitschrift "Elle".
Für das Interview nutzte die Aktivistin eine vorübergehende Freilassung. Mohammadi war am 4. Dezember aus medizinischen Gründen für drei Wochen aus dem Gefängnis entlassen worden. Sie befindet sich seit November 2021 in Teheran in Haft. Mohammadi verbüßt ihre Strafe nach Angaben ihres Mannes im Frauentrakt des berüchtigten Evin-Gefängnisses im Norden der iranischen Hauptstadt.
Im Frauentrakt seien rund 70 Frauen "aus allen Schichten, Altersgruppen und politischen Richtungen" inhaftiert, darunter "Journalistinnen, Schriftstellerinnen, Intellektuelle, Menschen verschiedener verfolgter Religionen, Bahai, Kurdinnen, Frauenrechtlerinnen", sagte Mohammadi über ihre weiblichen Mitgefangenen in dem "Elle"-Interview, bei dem sie Fragen auf Persisch schriftlich und per Sprachnachricht beantwortete.
In ihrem neuen Buch wolle sie unter anderem "über die Übergriffe und die sexuelle Belästigung" schreiben, die gegen weibliche Gefangene im Iran verübt würden, sagte sie weiter. "Ich hoffe, dass es bald erscheint."
Ihr Körper sei zwar nach drei Jahren "diskontinuierlicher Haft ohne Erlaubnis und wiederholter Verweigerung der medizinischen Versorgung" geschwächt, sagte die 52-Jährige. "Aber mein Geist ist aus Stahl."
In dem Interview beschrieb die Aktivistin unter anderem die erschwerten Haftbedingungen, unter denen sie und weitere Frauen zu leiden hätten. Dabei gehöre die Einzelhaft "zu den am häufigsten eingesetzten Folterinstrumenten". "Sie ist ein Ort, an dem politische Gefangene und Häftlinge sterben. Ich habe persönlich Fälle von Folter und schwerer sexueller Gewalt an meinen Mitgefangenen dokumentiert", sagte Mohammadi.
Angesichts der Haftbedingungen sei es für die politische Gefangenen eine Herausforderung, für den "Anschein von Normalität" zu kämpfen. "Denn es geht darum, unseren Peinigern zu zeigen, dass sie uns nicht erreichen und uns nicht brechen können", sagte Mohammadi.
Zudem berichtete sie, dass sie ihrerseits mit 13 weiteren Frauen eine Zelle teilt. Auch dokumentiere sie Handlungen des Widerstands. "Vor kurzem versammelten sich 45 von 70 Insassinnen, um im Gefängnishof gegen das Todesurteil von Pachschan Asisi und Warischeh Moradi zu protestieren", sagte Mohammadi mit Blick auf zwei mitgefangene kurdische Frauenrechtlerinnen.
Auch würden die inhaftierten Frauen oft Sitzstreiks organisieren. Als Vergeltungsmaßnahme würden die Behörden den Frauen dann beispielsweise das Besuchsrecht und entziehen und Telefongespräche verweigern. Mit Blick auf die Willkür der Behörden fügte die Aktivistin hinzu, dass "jede Äußerung in der Zeitung zu neuen Anklagen führen kann".
Mohammadi hat einen Großteil des vergangenen Jahrzehnts im Gefängnis verbracht. Sie wurde in den vergangenen 25 Jahren wegen ihres Einsatzes gegen den Kopftuchzwang für Frauen und gegen die Todesstrafe wiederholt verurteilt und inhaftiert. Im Juni war sie zu einem weiteren Jahr Gefängnis wegen "Propaganda gegen den Staat" verurteilt worden. Als sie im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, nahmen ihre beiden Kinder den Preis stellvertretend für sie in Empfang.
A.Wyss--NZN