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Die chaotischen Szenen am Rande des Champions-League-Finales in Paris, bei denen die französische Polizei auch Pfefferspray gegen Fußballfans einsetzte, haben ein Nachspiel: Der FC Liverpool beantragte eine offizielle Untersuchung; britische Politiker und Fans verurteilten am Sonntag das "aggressive" Vorgehen der Sicherheitskräfte. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) und die französische Polizei machten dagegen Fans mit gefälschten Tickets für das Geschehen verantwortlich.
Vor dem Stade de France war es vor Beginn des Finales zwischen Real Madrid und dem FC Liverpool am Samstagabend zu chaotischen Szenen gekommen; die Polizei setzte auch Tränengas ein. Nach Angaben aus Polizeikreisen wurden mehr als hundert Menschen festgenommen. Die Feuerwehr berichtete ihrerseits, dass 238 Menschen am Rande des Spiels von Rettungskräften behandelt werden mussten. Die meisten Fälle seien aber "geringfügig" gewesen.
Der FC Liverpool, der das Spiel am Ende 0:1 verlor, beklagte in einer Stellungnahme den "Zusammenbruch der Sicherheitszone" am Stade de France. Eigene Anhänger mit regulären Tickets seien nicht ins Stadion gekommen. Der englische Klub forderte eine offizielle Untersuchung.
Liverpool-Fan Pete Blades, ein Französisch-Lehrer aus der englischen Stadt, berichtete empört: "Ich bin Lehrer, ich habe noch nie Tränengas einatmen müssen. Die Polizei hat mich gegen das Gitter gedrückt, das war nicht notwendig. Sie haben sich aufgeführt, als stünden sie einer Armee gegenüber."
Auch aus der britischen Politik kam Kritik an dem Polizeieinsatz. Kabinettsmitglied Brandon Lewis sagte dem Sender " Sky News": Es ist beunruhigend zu sehen, dass Menschen entweder gar nicht ins Stadion kamen oder auf sehr aggressive Weise behandelt wurden." Der Parlamentsabgeordnete Ian Byrne aus Liverpool schrieb auf Twitter: "Ich habe gerade eine der schlimmsten Erfahrungen meines Lebens gehabt. Grauenvolle Sicherheitsvorkehrungen und Organisation haben Menschenleben in Gefahr gebracht."
Die Uefa erklärte dagegen ihrerseits: Die Eingänge hinter der Liverpool-Fankurve seien "von tausenden Fans blockiert" worden, "die gefälschte Tickets erworben hatten, die in den Drehkreuzen nicht funktionierten". Wegen der Geschehnisse wurde der Beginn des Spiels eine gute halbe Stunde nach hinten verlegt. "Als die Menge vor dem Stadion auch nach dem Anpfiff noch anwuchs, löste die Polizei sie mit Tränengas auf."
Wegen der Probleme mit den gefälschten Tickets hatten sich der Uefa zufolge tausende Fans vor dem Stadion "angestaut". Die französische Polizei habe das Tränengas eingesetzt, um die Menge aufzulösen. Die Uefa drückte den Betroffenen ihr "Mitgefühl" aus und kündigte eine Aufarbeitung an.
Frankreichs Innenminister Gerald Darmanin wies den Liverpool-Fans die Schuld für das Chaos zu: "Tausende britische 'Fans' - entweder ohne oder mit gefälschten Tickets - erzwangen sich den Weg und verhielten sich teilweise gewaltsam gegenüber den Sicherheitskräften", erklärte der Minister. Die französische Polizei sprach von abgewehrten "Eindringlingen". Fotos und Videoaufnahmen zeigten Menschen, die Ordnerketten durchbrachen und über Zäune kletterten.
Auch britische Polizisten, welche die englischen Fans nach Frankreich begleitet hatten, sprachen von "verstörenden Szenen". Sie betonten in einer Erklärung, dass "die große Mehrheit der Fans sich vorbildlich verhalten hat".
Zu den Gründen für die 238 Einsätze von Sanitätern und Rettungskräften zählten nach Angaben der Feuerwehr auch Fälle von Atemproblemen durch Tränengas. Meistens seien aber eher Kleinigkeiten wie Trunkenheit oder leichte Verletzungen der Grund für einen Einsatz gewesen.
In Paris finden in zwei Jahren die Olympischen Spiele statt. Das Champions-League-Finale galt auch als Probelauf für die dabei geltenden Sicherheitskonzepte, insgesamt waren rund 7000 Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz. Das Geschehen am Samstagabend "stellt die Frage, ob Frankreich in der Lage ist, Veranstaltungen in solcher Größenordnung zu organisieren", erklärte die europäische Fan-Vereinigung Football Supporters Europe (FSE).
Allerdings wurde aus Kreisen der Uefa und der französischen Polizei darauf verwiesen, dass Paris nur drei Monate Zeit für die Organisation des Großereignisses gehabt habe. Wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine war St. Petersburg das Austragungsrecht für das Champions-League-Finale entzogen und dieses an Paris gegeben worden. Normalerweise rechnen Experten für Veranstaltungen dieser Größenordnung mit einer notwendigen Vorbereitungszeit von mindestens einem Jahr.
L.Zimmermann--NZN