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EU-Diplomaten haben auf Druck von Ungarn den Kreml-nahen russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill von der Sanktionsliste gestrichen und damit den Weg für das sechste Sanktionspaket gegen Russland frei gemacht. "Ein neues starkes Sanktionspaket gegen (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin ist beschlossen", schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag auf Twitter. Dies werde die Finanzierung des Krieges gegen die Ukraine erschweren, fügte sie hinzu.
Die Botschafter der 27 Mitgliedstaaten hatten in Luxemburg über Details des Sanktionspakets verhandelt, auf das sich die Staats- und Regierungschefs beim ihrem Gipfel in der Nacht zu Dienstag bereits grundsätzlich geeinigt hatten. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hatte das Paket wochenlang blockiert und weitreichende Ausnahmen ausgehandelt. Die Forderung, den Patriarchen wieder von der Sanktionsliste zu streichen, war nach Angaben von Diplomaten überraschend gekommen.
Kirill gilt als vehementer Unterstützer von Kreml-Chef Wladimir Putin. Er soll wie Putin für den russischen Geheimdienst KGB gearbeitet haben, verficht konservative Werte und sieht den Westen als eine Macht des Bösen.
Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine, hat Kirill mehrfach seine Unterstützung für Putins Vorgehen geäußert und russische Soldaten gesegnet. Während des Ostergottesdienstes in Moskau zeigte Putin sich in unmittelbarer Nähe des Patriarchen. Kirill ist bekannt für seinen luxuriösen Lebensstil.
Innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche wächst jedoch die Kritik an ihm. Mehrere Hundert Priester unterzeichneten in den vergangenen Wochen einen offenen Brief und forderten, Kirill wegen seiner Unterstützung des Krieges vor ein Kirchengericht zu stellen.
Mehrere EU-Diplomaten zeigten sich enttäuscht von der Haltung Ungarns, das nach der grundsätzlichen Einigung auf das Sanktionspaket neue Forderungen stellte.
Orban hatte bereits auf dem EU-Gipfel erreicht, das sein Land vorerst nicht von dem Ölembargo betroffen ist, dem Kernstück des neuen Paketes. Das Embargo gilt zunächst nur für Öl, das per Schiff transportiert wird. Ungarn bezieht sein Öl jedoch über eine Pipeline, die vorläufig von dem Embargo ausgenommen ist. Pipeline-Öl solle "so schnell wie möglich" in das Embargo aufgenommen werden, hieß es in der Erklärung des Gipfels, die aber keinen Termin dafür nannte.
Orban hatte Anfang Mai im ungarischen Radio gesagt, dass seine Regierung es nicht zulassen werde, dass "führende Kirchenmitglieder auf eine Sanktionsliste gesetzt werden". Beim Gipfeltreffen hatte dies aber offenbar aber keine Rolle gespielt.
Das jüngste Sanktionspaket muss noch im Amtsblatt veröffentlicht werden, damit es in Kraft tritt. Damit ist in den nächsten Tagen zu rechnen. Das Ölembargo bedeutet, dass Russland künftig auf 90 Prozent seiner Einkünfte durch Ölexporte nach Europa verzichten muss. Dabei sind die deutschen und polnischen Selbstverpflichtungen eingerechnet.
Nach Ansicht von Russlands Vize-Regierungschef Alexander Nowak wird das Embargo für die Europäer schmerzhafte Folgen haben. Europäische Verbraucher würden die "ersten sein, die unter dieser Entscheidung leiden werden", sagte Nowak in einem im Fernsehen übertragenen Interview. "Nicht nur die Ölpreise, sondern auch die der Erdölprodukte werden steigen."
Das EU-Sanktionspaket enthält außerdem eine Liste von rund 60 weiteren Kreml-nahen Persönlichkeiten, deren Guthaben eingefroren werden. Zudem sollen drei weitere russische Banken vom internationalen Finanzsystem Swift ausgeschlossen werden, darunter die Sberbank, die größte des Landes. Auch sollen weitere russische Staatsmedien verboten werden.
O.Meier--NZN