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Papst Franziskus hat bei einer Versöhnungsmesse im kanadischen Sainte-Anne-de-Beaupré erneut seine Trauer über das Leid indigener Kinder in katholischen Internaten bis in die 90er Jahre hinein ausgedrückt. "Angesichts des Skandals (...) empfinden wir Bitterkeit und die Bürde des Scheiterns", sagte der Papst während des Gottesdienstes in der ältesten Wallfahrtskirche Nordamerikas. "Wie konnte das passieren in der Gemeinschaft derjenigen, die Jesus folgen?", sagte er.
Vor Beginn der Messe hatten Demonstranten ein Transparent enthüllt mit der Forderung: "Schafft die Doktrin ab", eine Anspielung auf päpstliche Schreiben aus dem 15. Jahrhundert, die die Kolonialisierung und die Versklavung indigener Menschen billigten.
Der Besuch sei "eine Botschaft der Hoffnung", sagte die 54 Jahre Desneiges Petiquay, die bei der Messe in der ersten Reihe stand. "Der Papst weiß, dass es uns gibt, er erkennt uns an", sagte sie. Sie trug einen orangefarbenen Schal im Gedenken an die Opfer der gescheiterten Zwangsassimilation.
Es ist der vierte Tag der Kanadareise, die der Papst als "Pilgerfahrt der Buße" bezeichnet hatte. Seine Bitten um Entschuldigung waren seit langer Zeit erwartet worden. Franziskus sprach in Kanada von "kultureller Zerstörung", "physischem, verbalem, psychologischem und geistigem Missbrauch".
Zwischen Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts hatte die kanadische Regierung etwa 150.000 indigene Kinder in Internate geschickt, die zum großen Teil von der katholischen Kirche betrieben wurden. Sie wurden von ihren Familien, ihrer Sprache und ihrer Kultur abgeschnitten. Viele von ihnen wurden körperlich und sexuell misshandelt.
Offiziell kamen mehr als 4000 Kinder ums Leben, nach Schätzungen dürften es mehr als 6000 gewesen sein. Eine nationale Untersuchungskommission sprach von einem "kulturellen Völkermord". Die Entdeckung von 1300 anonymen Gräbern im vergangenen Jahr hatte eine Schockwelle ausgelöst.
Nach einem Besuch in Québec will der Papst seine Reise am Freitag in Iqaluit beenden, wo die größte Inuit-Bevölkerung Kanadas beheimatet ist. Auch dort wird sich der 85-Jährige mit ehemaligen Heimschülern treffen, bevor er nach Rom zurückkehrt.
A.Weber--NZN