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Auf dem Weltkongress der Religionen in Kasachstan hat Papst Franziskus davor gewarnt, Religion als "Stütze für Macht" zu missbrauchen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche prangerte am Mittwoch in der Hauptstadt Nur-Sultan "Mittel der Gewalt" als Konfliktlösung an und übte damit offenbar Kritik am russisch-orthodoxen Patriarchen Kirill. Dieser hatte sich öffentlich mehrfach hinter den russische Angriffskrieg gegen die Ukraine gestellt.
Der 85-jährige Pontifex rief zum Dialog und aktiven Einsatz für den Frieden auf. "Setzen wir uns noch mehr dafür ein, dass Konflikte nicht mit den untauglichen Mitteln der Gewalt, mit Waffen und Drohungen gelöst werden, sondern mit (...) Begegnung, Dialog, geduldigen Verhandlungen", sagte Franziskus. Bereits am Vortag hatte er ein Ende des Krieges in der Ukraine gefordert.
Der Dialog und die Forderung nach Frieden stehen nach Vatikan-Angaben im Mittelpunkt der Papst-Reise. "Rechtfertigen wir niemals Gewalt. Lassen wir nicht zu, dass das Heilige vom Profanen instrumentalisiert wird. Das Heilige darf nicht zur Stütze der Macht werden, und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen", sagte Franziskus.
Der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill nahm an dem Religionstreffen von rund hundert Delegationen aus 50 Ländern nicht teil. Während der Papst einen "grausamen und sinnlosen Krieg" angeprangert hat, hatte Kirill die russische Invasion in der der Ukraine verteidigt.
In Abwesenheit Kirills sprach der Papst am Mittwoch eine Viertelstunde lang mit dem "Außenminister" des Patriarchen, Metropolit Antonij von Wolokolamsk. Antonij sagte, ein Treffen der beiden Kirchenführer sei "eine Möglichkeit", solange es "gut vorbereitet" sei. "Das wichtigste ist, dass wir ein konkretes Ergebnis von solch einem Treffen wollen", sagte der Metropolit.
Laut Antonij hält der Patriarch ein Treffen mit Papst Franziskus für "erforderlich" und bedauert, dass ein für Juni in Jerusalem geplantes Treffen nicht zustande gekommen war. "Wir waren bereit für dieses Treffen, aber es wurde vom Heiligen Stuhl abgesagt", sagte Antonij.
Kirill selbst sendete eine Botschaft an die Teilnehmer des Gipfels in Nur-Sultan, die auch auf der Website der Orthodoxen Kirche veröffentlicht wurde. Darin beklagt der Patriarch die "Verzerrung historischer Fakten und nie dagewesene Manipulationen des kollektiven Bewusstseins".
Russland inszeniert sich selbst als Ziel anti-russischer Kampagnen des Westens. Kirills Unterstützung des russischen Krieges in der Ukraine hat zu Turbulenzen in der religiösen Welt geführt. So kappte die christlich-orthodoxe Kirche der Ukraine ihre Verbindungen nach Moskau. Auch das Verhältnis Kirills zum Vatikan erhielt einen Dämpfer. Bereits im März sagte Franziskus, dass "die Kirche nicht die Sprache der Politik" benutzen dürfe.
Am Mittwochnachmittag hielt der Papst in Nur-Sultan eine Messe für etwa 3000 Menschen. Franziskus ist nach Johannes Paul II. der zweite Papst, der Kasachstan besucht.
In der vergangenen Woche hatte der gesundheitlich angeschlagene Papst mitgeteilt, auf Anraten seiner Ärzte werde er weder in die Ukraine noch nach Moskau reisen. Franziskus leidet seit Monaten an Schmerzen im rechten Knie und stützt sich seit Anfang Mai auf einen Gehstock oder sitzt im Rollstuhl.
A.Wyss--NZN