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Soll es in Deutschland eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus geben? Diese kontrovers diskutierte Frage erreicht am Mittwoch das Plenum des Bundestags. Vor Beginn der mehrstündigen Debatte zeigte sich der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen zuversichtlich, dass es am Ende eine breite Einigung auf eine Impfpflicht geben werde. Die Unionsfraktion will nun einen eigenen Antrag schreiben. Es wird erwartet, dass die Bundestagssitzung von Demonstrationen begleitet wird.
Für die sogenannte Orientierungsdebatte im Plenum liegen keine konkreten Gesetzentwürfe vor. Diese sollen bald in Form von fraktionsübergreifenden Gruppenanträgen ausgearbeitet werden. Ein Regierungsentwurf ist nicht geplant, was die Union kritisiert.
Seine Fraktion werde sich keinem Gruppenantrag anschließen, weil diese die Diskussion "zersplittern" würden, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Tino Sorge (CDU), in der Sendung "Frühstart" von RTL und n-tv an. "Wir werden als Union nach der Orientierungsdebatte einen eigenen Antrag vorlegen."
Der Grünen-Politiker Dahmen sagte der Nachrichtenagentur AFP, er sei optimistisch, dass die Argumente der Impfpflicht-Befürworter so gewichtig seien, dass sie am Ende überzeugen könnten. Er selbst befürwortet eine allgemeine Impflicht ab 18 Jahren.
Dies unterstützt auch die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast. Die nötige Grundimmunisierung der Bevölkerung sei nur erreichbar, wenn auch Menschen unter 50 unter die Impfpflicht fielen, sagte sie zur Begründung in Berlin. Sie sprach damit die unter anderem vom FDP-Gesundheitsexperten Andrew Ullmann vorgeschlagene Regelung an, die Impfpflicht nur für Menschen ab 50 einzuführen.
Ullmann plädiert außerdem für eine Beratungspflicht. "Es gibt eine große Zahl an Menschen, die nicht geimpft sind, obwohl sie überzeugt werden könnten", sagte er dazu der "Augsburger Allgemeinen". "Wir schlagen ein verpflichtendes, professionelles und persönliches Beratungsgespräch für alle volljährigen Ungeimpften vor."
Noch nicht festgelegt ist nach eigenen Worten FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Er mahnte allerdings im TV-Sender "Welt", bei der Debatte nicht nur die Freiheit des Einzelnen zu betrachten, sondern auch an die Freiheiten der anderen zu denken, etwa wenn überlastete Kliniken Operationen absagen müssten.
Erklärte Gegner einer Impfpflicht und Initiator eines entsprechenden Gruppenantrags ist Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP). "Eine Impfung, die nicht zu einer sterilen Immunität führt, ist aus meiner Sicht verfassungsrechtlich nicht begründbar", sagte er der "Rheinischen Post". "Ich halte die Impfpflicht auch praktisch für nicht umsetzbar." AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch erklärte in Berlin ebenfalls, eine Corona-Impfpflicht sei "ohne jeden Zweifel verfassungswidrig".
Linken-Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnte vor einer Vernachlässigung anderer Themen durch die Debatte. Es sei ein "Irrglauben" anzunehmen, dass durch eine Impfpflicht alle Probleme gelöst wären, sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Es gebe "riesige Defizite" im Gesundheitswesen, etwa bei der Bezahlung von Pflegekräften.
Bei ihm selbst überwiege mit Blick auf die Impfpflicht "im Moment" die Skepsis, fügte Bartsch an. Er werde sich aber erst später entscheiden.
Laut SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Mast soll sich das Parlament im Februar erstmals mit den konkreten Gesetzentwürfen befassen. Die Abstimmung könne möglicherweise für die erste Sitzungswoche im März angesetzt werden, andernfalls für die zweite, die aber eigentlich für die Debatte über den neuen Bundeshaushalt vorgesehen sei.
L.Zimmermann--NZN