Zürcher Nachrichten - Russisches Großmanöver und Gewaltzunahme in Ostukraine schüren Kriegsängste

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Russisches Großmanöver und Gewaltzunahme in Ostukraine schüren Kriegsängste
Russisches Großmanöver und Gewaltzunahme in Ostukraine schüren Kriegsängste

Russisches Großmanöver und Gewaltzunahme in Ostukraine schüren Kriegsängste

Die Befürchtungen vor einem womöglich schon in Kürze bevorstehenden Großangriff Russlands auf die Ukraine werden durch neue russische Truppenübungen und eine deutliche Zunahme der Waffenstillstandsverstöße in der Ostukraine geschürt. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte am Samstagabend: "Das Risiko eines Angriffs ist sehr hoch." US-Präsident Joe Biden berief angesichts der Zuspitzung der Ukraine-Krise für Sonntag eine Sondersitzung seines Nationalen Sicherheitsrats ein.

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Biden hatte sich bereits am Freitag "überzeugt" gezeigt, dass Russland Staatschef Wladimir Putin die Entscheidung für einen Angriff auf die Ukraine getroffen habe. Das Sicherheitsteam des Präsidenten sei der Auffassung, dass Russland "zu jeder Zeit" eine Militäroffensive gegen das Nachbarland starten könnte, sagte am Samstag die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in einer Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die Gefahr eines Krieges in Europa sei "alles andere als gebannt". Nato-Generalsekretär Stoltenberg sagte in den ARD-"Tagesthemen": "Alle Zeichen deuten darauf hin, dass Russland einen vollständigen Angriff auf die Ukraine plant".

Stoltenberg begründete diese Einschätzung mit einem "fortgesetzten militärischen Aufmarsch" Russlands an der Grenze zur Ukraine. Russland hat nach westlichen Angaben rund 150.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. Moskau bestreitet jedoch jegliche Angriffspläne.

Dagegen sprach Stoltenberg nun von Anzeichen, dass "Russland sich darauf vorbereitet, einen Vorwand für einen Angriff auf die Ukraine zu schaffen". Die zunehmenden Waffenstillstandsverstöße in der Ostukraine, die "falschen Anschuldigungen" eines "Genozids" im Donbass und die Evakuierung der von den pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiete seien "beunruhigende Zeichen".

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte in einer schriftlichen Erklärung vor russischer "Manipulation", durch die ein "Vorwand" für eine militärische Eskalation geschaffen werden könne.

Russische Medien werfen Kiew vor, einen Großangriff auf die von den Separatisten ausgerufenen "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk zu planen. Anführer der Separatisten hatten am Freitag die Zivilisten in diesen Gebieten aufgerufen, nach Russland auszureisen. Am Samstagmorgen ordneten sie dann eine "Generalmobilmachung" an.

Die Verstöße gegen den Waffenstillstand in der Ostukraine haben laut der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zuletzt massiv zugenommen. Allein am Freitag gab es nach Angaben der OSZE-Beobachtermission mehr als 1500 solcher Verstöße.

Kiew teilte am Samstag mit, dass zwei Soldaten der ukrainischen Armee durch Beschuss von Separatisten getötet worden seien.

In Russland begann unterdessen ein neues Großmanöver, bei dem unter anderem Hyperschall-Marschflugkörper und atomwaffenfähige ballistische Raketen abgefeuert wurden. An den von Putin persönlich beaufsichtigten Übungen sind nach Kreml-Angaben neben der Luftwaffe auch "strategische" Truppen sowie die Schwarzmeer- und Nordmeerflotte beteiligt.

Das Auswärtige Amt appellierte an alle Deutschen in der Ukraine, das Land umgehend zu verlassen. Die Lufthansa sowie Austrian Airlines kündigten eine Aussetzung ihrer Flüge nach Kiew und Odessa bis Ende Februar an.

Parallel zu den Warnungen vor einem russischen Großangriff gab es am Wochenende erneut zahlreiche Appelle, die Suche nach einer diplomatischen Lösung nicht aufzugeben. Scholz sagte: "So viel Diplomatie wie möglich, ohne naiv zu sein - das ist der Anspruch".

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will am Sonntag mit Putin telefonieren. Nach Angaben des Elysée-Palasts handelt es sich um die "letzten möglichen und notwendigen Anstrengungen", um eine militärische Eskalation zu verhindern. Am Samstag telefonierte Macron mit dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj. Dieser habe gesagt, dass er auf die russischen "Provokationen" nicht mit Gegenmaßnahmen antworten wolle, teilte der Elysée-Palast mit.

Selenskyj nahm am Samstag an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. In seiner Rede bot er Putin ein Treffen an. Der ukrainische Präsident forderte aber auch erneut einen "klaren, machbaren Zeitplan" für einen Beitritt seines Landes zur Nato - Putin hingegen besteht auf Garantien, dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird.

J.Hasler--NZN