Zürcher Nachrichten - Neue russische Angriffe auf Kiew und andere Städte

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Neue russische Angriffe auf Kiew und andere Städte
Neue russische Angriffe auf Kiew und andere Städte

Neue russische Angriffe auf Kiew und andere Städte

Ungeachtet aller Verhandlungsbemühungen setzt die russische Armee ihren heftigen Beschuss ukrainischer Städte fort: In Kiew waren am Mittwochmorgen erneut mehrere starke Explosionen zu hören, auch aus anderen Regionen wurden neue Angriffe gemeldet. Aus dem seit zwei Wochen belagerten Mariupol konnten tausende Menschen fliehen, doch angekommen im vermeintlich sicheren Saporischschja schlugen auch dort Raketen ein. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht dennoch Bewegung in den Verhandlungen mit Russland.

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AFP-Korrespondenten in Kiew berichteten am Mittwochmorgen von starken Explosionen und anschließend aufsteigenden schwarzen Rauchsäulen. Bereits am Dienstag hatten die russischen Streitkräfte mehrere Wohnhäuser unter Beschuss genommen. Nach ukrainischen Angaben starben mindestens vier Menschen. Am Mittwoch machten die Behörden zunächst keine Angaben. Wegen einer am Dienstagabend verhängten Ausgangssperre konnten auch Medienvertreter sich nicht in der Stadt bewegen.

Unterdessen sollten die Gespräche der Kriegsparteien über eine mögliche Waffenruhe im Laufe des Mittwochs fortgesetzt werden. Selenskyj bezeichnete die russische Positionen dabei als mittlerweile "realistischer". Aber es brauche "noch mehr Zeit, bis die Entscheidungen im Interesse der Ukraine sind". In der strittigen Frage eines Nato-Beitritts seines Landes machte er ein klares Zugeständnis an Moskau. Die Ukraine könne dem westlichen Militärbündnis nicht beitreten - "das ist die Wahrheit und wir müssen das anerkennen", sagte er am Dienstag.

Der russische Präsident Wladimir Putin sagte hingegen bei einem Telefonat mit EU-Ratspräsident Charles Michel, Kiew zeige "kein ernsthaftes Engagement, um für beide Seiten akzeptable Lösungen zu finden".

Auch auf andere Städte wie Charkiw im Osten und Mykolajiw im Südwesten intensivierten die russischen Angreifer ihren Beschuss. Betroffen ist insbesondere auch Mariupol im Südosten, wo die Lage für die eingeschlossenen Zivilisten als dramatisch beschrieben wird. Rund 20.000 Menschen konnten die Hafenstadt inzwischen über einen "humanitären Korridor" verlassen.

Allerdings sind noch immer mehrere hunderttausend Menschen in der Stadt ohne Wasser, Strom oder Lebensmittelnachschub gefangen. In der Stadt Saporischschja ankommende Menschen aus Mariupol schilderten die katastrophalen Zustände. Etwa seien die Menschen gezwungen, ungefiltertes Wasser aus einem Fluss zu trinken.

Nach ukrainischen Angaben wurde jedoch auch Saporischschja beschossen. "Erstmals sind zivile Objekte in Saporischschja angegriffen worden", schrieb am Mittwoch Gouverneur Alexander Staruch im Online-Dienst Telegram. Die Raketen seien unter anderem auf einem Bahnhofsgelände eingeschlagen, es sei niemand getötet worden.

Mariupol liegt etwa 55 Kilometer von der russischen Grenze und 85 Kilometer von der Separatistenhochburg Donezk entfernt. Mit Eroberung der Stadt mit einst 450.000 Einwohnern würden die russischen Streitkräfte den gesamten ukrainischen Küstenabschnitt am Asowschen Meer kontrollieren.

Am Dienstagabend waren die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien in Kiew angekommen. Es war der erste Besuch von ausländischen Regierungschefs in der belagerten ukrainischen Hauptstadt seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Nach polnischen Angaben wollten Mateusz Morawiecki, Petr Fiala und Janez Jansa die "eindeutige Unterstützung" der EU für die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine bekräftigen und ein Hilfspaket vorstellen.

Polen forderte bei der Gelegenheit einen "Friedenseinsatz" von Nato-Truppen in der Ukraine und rasche EU-Beitrittsgespräche mit Kiew. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnte einen Nato-Einsatz erneut ab. Aus EU-Kreisen in Brüssel hieß es, dass die Regierungschefs nicht im Auftrag ihrer EU-Kollegen nach Kiew gereist seien. Die Nato wollte am Mittwoch über den Ukraine-Krieg beraten.

Die USA ihrerseits wollen nach Angaben eines Regierungsvertreters am Mittwoch weitere "Sicherheitshilfen" für die Ukraine über 800 Millionen Dollar (730 Millionen Euro) ankündigen. Selenskyj soll am Nachmittag per Videokonferenz vor dem US-Kongress sprechen.

R.Schmid--NZN