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Das Saarland steht nach 23 Jahren CDU-geführter Regierungen vor einem Machtwechsel: Bei der Landtagswahl am Sonntag verzeichnete die SPD von Spitzenkandidatin Anke Rehlinger dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge einen Erdrutschsieg. Sie kann nun in Saarbrücken sogar mit absoluter Mehrheit regieren. Die CDU stürzte auf ein historisches Tief. Die AfD bleibt im Landtag. Grüne, FDP und Linke sind nicht im Parlament vertreten.
Genau ein halbes Jahr nach dem SPD-Sieg bei der Bundestagswahl sorgten die Wählerinnen und Wähler an der Saar auch im kleinsten deutschen Flächenland für eine Neuordnung der politischen Verhältnisse - mit erdrutschartigen Verschiebungen im Stimmverhalten: Die SPD legte um 13,9 Prozentpunkte auf 43,5 Prozent zu. Die CDU muss ihren Platz als stärkste Partei abgeben - sie stürzte von 40,7 Prozent auf 28,5 Prozent ab.
Rehlinger reklamierte die Führung der nächsten Landesregierung für sich. Sie werde "gern die Ehre" haben, Ministerpräsidentin zu werden, sagte sie. "Das Saarland hat rot gewählt." Der abgewählte Regierungschef Hans sprach von einer "sehr bitteren Niederlage". Er wolle am Montag "persönliche Konsequenzen" ziehen.
Die kleineren Parteien folgten mit großem Abstand auf CDU und SPD: Im Saarbrücker Landtag ist mit 5,7 Prozent bei leichten Verlusten künftig neben SPD und CDU nur noch die AfD vertreten. Die Linke wird mit 2,6 Prozent der Stimmen in ihrer früheren Hochburg keine Rolle mehr spielen. Ihr früherer Spitzenkandidat Oskar Lafontaine hatte die Partei wenige Tage vor der Wahl im Streit verlassen.
Die Grünen verpassten den Einzug ins Parlament denkbar knapp: Nur 23 Stimmen fehlten zu den notwendigen fünf Prozent, die Grünen kamen auf genau 4,99502 Prozent. Die Wahlleitung wies allerdings darauf hin, dass sich bis zum amtlichen Endergebnis noch "Abweichungen" ergeben könnten - insofern könnten die Grünen mit viel Glück eventuell doch noch in den Landtag kommen.
Auch die FDP mit 4,8 Prozent scheiterte knapp an der Fünfprozenthürde. Beide Parteien verzeichneten leichte Zugewinne. Erstmals seit dem SPD-Sieg bei der Wahl in Hamburg 2015 kann nun wieder eine Partei in einem Bundesland mit absoluter Mehrheit der Sitze regieren. Auf die SPD entfallen 29 der 51 Sitze im Landtag, auf die CDU 19 und auf die AfD drei.
Die Bundes-CDU wollte das Ergebnis an der Saar nicht als Stimmungstest für die neue Parteiführung unter Friedrich Merz verstanden wissen. "Es ging um saarländische Themen", sagte Generalsekretär Mario Czaja im ZDF. Die Ausgangsbedingungen seien andere als im Bund. CSU-Generalsekretär Stephan Mayer sagte im ZDF, nur die Sozialdemokraten hätten "Rückenwind" aus dem Bund gehabt.
SPD-Chef Lars Klingbeil sah in dem Landesergebnis einen "guten Auftakt für dieses Wahljahr 2022". Seine Partei wolle nun bei den bevorstehende Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im Mai die CDU-geführten Regierungen ablösen und ihre Regierung im Oktober in Niedersachsen verteidigen.
Die Bundes-Grünen erklärten nach dem Scheitern laut vorläufigem Ergebnis, nun habe es "doch ganz knapp nicht für den Einzug in den saarländischen Landtag gereicht". Angesichts der knappen Entscheidung teilte die Partei weiter mit: "Wir warten das amtliche Endergebnis ab."
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte zum schwachen Abschneiden seiner Partei: "Das Saarland ist kein einfaches Pflaster für uns." FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte, bereits zwei Wahlperioden außerhalb des Parlaments zu arbeiten, habe es der Partei "außerordentlich schwer" gemacht.
Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow wertete das Scheitern ihrer Partei als Folge interner Zerstrittenheit des dortigen Landesverbands. Die Saar-Linke habe "über die letzten Jahre heftige Auseinandersetzungen geführt", sagte sie am im ZDF. "Man wählt keine zerstrittenen Parteien."
AfD-Bundeschef Tino Chrupalla sagte im ZDF, seine Partei habe sich "sicherlich ein, zwei Prozent mehr gewünscht". Insgesamt sei er allerdings "zufrieden" mit dem neuerlichen Einzug in den Landtag.
B.Brunner--NZN