Zürcher Nachrichten - Neue Sanktionen gegen Russland wegen Gräueltaten in Butscha

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Neue Sanktionen gegen Russland wegen Gräueltaten in Butscha
Neue Sanktionen gegen Russland wegen Gräueltaten in Butscha

Neue Sanktionen gegen Russland wegen Gräueltaten in Butscha

Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha bereitet der Westen verschärfte Sanktionen gegen Russland vor. Deutschland wies am Montag 40 russische Diplomaten aus und kündigte weitere Waffenlieferungen an die Ukraine an. Die EU-Staaten bereiteten neue konzertierte Wirtschaftssanktionen vor. Die Bundesregierung schloss ein Gasembargo allerdings weiterhin aus. US-Präsident Joe Biden forderte einen "Kriegsverbrecherprozess" gegen Russlands Präsident Wladimir Putin.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besuchte den Kiewer Vorort Butscha, wo nach dem Abzug der russischen Truppen hunderte Tote gefunden worden waren. "Nun sehen Sie, was jeden Tag (...) passiert", sagte Selenskyj vor Ort zu Journalisten. "Das sind Kriegsverbrechen und sie werden von der Welt als Völkermord anerkannt werden."

Die Ukraine beschuldigt die russische Armee, in Butscha ein "Massaker" an Zivilisten verübt zu haben. AFP-Reporter sahen am Wochenende auf einer Straße des Ortes mindestens 22 Leichen in ziviler Kleidung. Butscha war ab dem 27. Februar von der russischen Armee besetzt worden und blieb daraufhin über einen Monat lang weitgehend unzugänglich.

Die Aufnahmen und Berichte aus dem Ort lösten weltweit Entsetzen aus. Zahlreiche westliche Vertreter, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, sprachen von einem Kriegsverbrechen Russlands. Moskau bestritt, für den Tod der Zivilisten verantwortlich zu sein, sprach von "Videofälschungen" und "abscheulichen Provokationen ukrainischer Extremisten".

Die Berichte aus Butscha und anderen Gebieten "werfen ernste und beunruhigende Fragen über mögliche Kriegsverbrechen, schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und schwerwiegende Verletzungen der internationalen Menschenrechte auf", erklärte UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet. Sie forderte eine gründliche Untersuchung. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bot die Entsendung eines Ermittlerteams in die Ukraine an.

US-Präsident Biden bezeichnete Putin erneut als "Kriegsverbrecher". "Er sollte zur Verantwortung gezogen werden." Für einen möglichen Prozess müssten aber zunächst Informationen und "alle Details" gesammelt werden. In der Zwischenzeit würden weitere Sanktionen verhängt und Waffen an die Ukraine geliefert. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen sprach sich für einen Ausschluss Russlands aus dem Menschenrechtsrat aus.

Brüsseler Diplomaten zufolge will auch die EU-Kommission in Kürze einen Vorschlag für verschärfte Strafmaßnahmen gegen Moskau vorlegen, der in den kommenden Tagen von den Mitgliedstaaten verabschiedet werden könnte. Die EU werde "dringend die Arbeit an weiteren Sanktionen gegen Russland vorantreiben", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Die Bundesregierung habe entschieden, "eine erhebliche Zahl von Angehörigen der russischen Botschaft zu unerwünschten Personen zu erklären", erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Bei den Betroffenen sei "von einer Zugehörigkeit zu russischen Nachrichtendiensten auszugehen", hieß es. Baerbock kündigte außerdem weitere Waffenlieferungen an die Ukraine an. Die Bundesregierung prüfe dabei auch eine Lieferung von Waffensystemen, "die wir bisher nicht geliefert haben".

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schloss ein Gasembargo der EU gegen Russland aus. Russisches Erdgas lasse sich "kurzfristig" nicht ersetzen, sagte er bei einem Treffen mit EU-Kollegen in Luxemburg. Ähnlich äußerte sich der österreichische Vertreter. Auf dem Tisch liegt aber offenbar ein möglicher Einfuhrstopp für Öl oder Kohle. Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki warf der Bundesregierung vor, "das Haupthindernis für sehr starke Sanktionen" zu sein.

Binnen eines Tages flohen nach UN-Angaben derweil weitere zehntausende Menschen vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Das UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) meldete über 4,215 Millionen Flüchtlinge seit Beginn der Invasion am 24. Februar. Hinzu kommen laut UNHCR fast 6,5 Millionen Binnenvertriebene.

A.Wyss--NZN