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Das US-Repräsentantenhaus will den chinesischen Eigentümer von Tiktok per Gesetz dazu zwingen, die populäre Videoplattform zu verkaufen - andernfalls droht ein Verbot. Die Abgeordneten stimmten an Mittwoch mit großer Mehrheit für einen Gesetzesentwurf, der dem chinesischen Mutterunternehmen Bytedance mit einem Verbot der App in den USA droht, sollte es diese nicht innerhalb von 180 Tagen veräußern. Bytedance steht im Verdacht, der Kommunistischen Partei Chinas Zugriff auf Nutzerdaten zu ermöglichen.
Die Gesetzesinitiative wurde im Repräsentantenhaus in einem seltenen Akt der parteiübergreifenden Geschlossenheit sowohl von den dort dominierenden oppositionellen Republikanern als auch von den Demokraten von Präsident Joe Biden unterstützt. 325 Abgeordnete votierten dafür und 65 dagegen.
Die Abstimmung zeige den parlamentarischen Widerstand "gegen die Versuche des kommunistischen China, Amerikaner auszuspionieren und zu manipulieren", sagte der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, der Republikaner Mike Johnson. Es gehe darum, "unsere Feinde abzuschrecken". Er forderte den Senat, die andere Kongresskammer, auf, den Entwurf ebenfalls zu verabschieden.
Die ebenfalls erforderliche Zustimmung des Senats ist allerdings ungewiss. Einige einflussreiche Senatoren haben sich gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen. Auch der republikanische Ex-Präsident und voraussichtliche erneute Präsidentschaftskandidat Donald Trump stellte sich diese Woche gegen ein Tiktok-Verbot. Trump vollzog damit allerdings eine 180-Grad-Wende. Während seiner Präsidentschaft hatte er sich dafür eingesetzt, Bytedance die Kontrolle über die App zu entziehen.
Das Weiße Haus kündigte hingegen bereits an, dass Biden den Gesetzentwurf bei seiner Verabschiedung durch beide Kongresskammern abzeichnen und damit in Kraft setzen werde. Peking kritisierte das Gesetzesvorhaben am Mittwoch als "Mobbing-Verhalten" und warnte in vager Form, dass dieses Vorgehen "den USA unvermeidlich noch Ärger bereiten" würde.
Das geplante Gesetz würde dem US-Präsidenten die Vollmacht verleihen, auch andere Apps als Bedrohung für die nationale Sicherheit einzustufen, wenn diese von einem Land kontrolliert werden, das als feindlich betrachtet wird. Die US-Bundesbehörden haben Tiktok wegen Datenschutzbedenken bereits von ihren Diensthandys verbannt. Frühere Initiativen für ein landesweites Verbot der App waren allerdings im Sande verlaufen.
Ein im vergangenen Jahr im US-Bundesstaat Montana verabschiedetes Gesetz zum Verbot von Tiktok war von einem Bundesgericht gestoppt worden, das darin eine mögliche Gefährdung der Meinungsfreiheit sah. Tiktok bestreitet auch jegliche Verbindungen zur chinesischen Regierung. Zudem versichert die Firma, sie habe sich so umstrukturiert, dass die Nutzerdaten in den USA blieben.
Tiktok hat in den Nutzungszeiten längst Facebook und Instagram überholt. Weltweit hat Tiktok mehr als eine Milliarde Nutzerinnen und Nutzer.
Y.Keller--NZN