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Nach monatelangen Koalitionsverhandlungen hat der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders seinen Verzicht auf das Amt des Regierungschefs verkündet. Er habe nicht die notwendige Unterstützung, erklärte Wilders am Mittwochabend im Onlinedienst X: "Ich kann nur Ministerpräsident werden, wenn alle Parteien in der Koalition dies unterstützen. Das war nicht der Fall."
Kurz vor Wilders' Erklärung hatten niederländische Medien über einen Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen berichtet. Demnach soll eine Expertenregierung gebildet werden. Deren genaue Zusammensetzung war zunächst noch offen, die Chefs der an den Verhandlungen beteiligten Parteien - einschließlich Wilders - sollen den Berichten zufolge jedoch einfache Abgeordnete bleiben.
Wilders rechtspopulistische PVV hatte im November die vorgezogene Parlamentswahl in den Niederlanden überraschend gewonnen. Der Rechtspopulist verkündete seither mehrfach seinen Willen, Regierungschef zu werden. Er strebte eine Vierer-Koalition mit der VVD des bisherigen Regierungschefs Mark Rutte, der Partei Neuer Gesellschaftsvertrag (NSC) und der Bauernpartei BBB an.
Die Verhandlungen endeten im Februar jedoch zunächst ergebnislos, nachdem die NSC die Gespräche verlassen hatte. Die Zeitung "Algemeen Dagblad" hatte die Verhandlungen damals als "Katastrophe in Zeitlupe" beschrieben, mit "Gift, gegenseitigem Beschuss und Lästereien". Der als Vermittler eingesetzte frühere Abgeordnete Kim Putters konnte die Parteichefs wieder zurück an den Verhandlungstisch bringen.
Am Donnerstag soll Putters einen Bericht zum Stand der Koalitionsverhandlungen vorlegen. Zuletzt hatte er erklärt, die Verhandlungspartner seien nach "guten" und "intensiven" Gesprächen bereit, den "nächsten Schritt" bei der Regierungsbildung zu bewältigen.
"Ich wollte ein rechtes Kabinett. Weniger Asyl und Einwanderung. Die Niederländer zuerst", erklärte Wilders am Mittwoch. "Die Liebe zu meinem Land und meinen Wählern ist größer und wichtiger als meine eigene Position", fügte er mit Blick auf seine bisherigen Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs hinzu.
Wilders' Wahlsieg war für die Niederlande einem politischen Erdbeben gleichgekommen. Der Rechtspopulist wird wegen seiner heftigen Polemik gegen Einwanderer und Muslime mitunter mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verglichen. Im Wahlprogramm seiner Partei wurden unter anderem ein Verbot von Moscheen und Referenden über einen EU-Austritt der Niederlande und ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert.
F.Schneider--NZN