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Wladimir Putin ist laut ersten Teilergebnissen der staatlichen Wahlkommission klarer Sieger der Präsidentschaftswahl in Russland und steht damit vor einer weiteren sechsjährigen Amtszeit an der Spitze Russlands. 87,47 Prozent der Wähler hätten für Putin gestimmt, erklärte Wahlkommissions-Chefin Ella Pamfilowa am Sonntagabend nach Auszählung von 36,3 Prozent der Wahllokale im Staatsfernsehen. Aus dem Ausland kam scharfe Kritik am Verlauf der Stimmabgabe.
"Russland hat seine Wahl getroffen", sagte Pamfilowa. Die Wahlbeteiligung betrug demnach 74,22 Prozent. Putins Sieg bei der dreitägigen Wahl galt von vornherein als ausgemacht. Alle bekannteren Kritiker des Kreml-Chefs sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil. Eine weitere Amtszeit ermöglicht es Putin, bis 2030 zu regieren und damit insgesamt länger als jeder russische Staatenlenker seit Katharina der Großen im 18. Jahrhundert.
Der britische Außenminister David Cameron beklagte, die Wahl sei weder frei noch fair verlaufen. Er kritisierte das illegale Abhalten des Urnengangs in den besetzten Gebieten der Ukraine, den Mangel an echten Wahlmöglichkeiten und das Fehlen jeglicher Kontrolle des Urnengangs durch internationale Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Die polnische Regierung kritisierte die Wahl als "nicht legal". Sie sei "unter scharfen Repressionen" und in besetzten Teilen der Ukraine unter Missachtung internationalen Rechts abgehalten worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky bezeichnete Putin als "machtbesoffenen Diktator", der bereit sei alles zu tun, um an der Macht zu bleiben.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wollte Putin laut einem Zeitungsbericht nicht wie in solchen Fällen üblich zu seiner weiteren Amtszeit gratulieren. "Es wird kein Schreiben an Putin geben", teilte Steinmeiers Sprecherin Cerstin Gammelin laut "Tagesspiegel" mit. Bereits zuvor hatte Steinmeier erklärt, er denke am Wahltag "an die Menschen in Russland, die dort für Freiheit und Demokratie kämpfen und in ständiger Gefahr vor Putins Regime leben".
"Die Pseudowahlen in Russland sind weder frei noch fair, das Ergebnis überrascht niemanden", erklärte das Auswärtige Amt in Berlin im Onlinedienst X. Putin herrsche "autoritär, er setzt auf Zensur, Repression und Gewalt".
Die dreitägige Wahl war begleitet von zahlreichen ukrainischen Drohnenangriffen auf russische Grenzregionen, pro-ukrainische Kämpfer drangen zudem in russisches Grenzgebiet vor. In Moskau stellten am Sonntagvormittag drei Flughäfen "aus Sicherheitsgründen" vorübergehend ihren Betrieb ein. Allein in der Nacht zum Sonntag und am Sonntagmorgen wurden nach Angaben des Verteidigungsministeriums acht Regionen in Russland mit Drohnen angegriffen.
Der Kreml hatte die Wahl als eine Gelegenheit für die Russen dargestellt, ihre Unterstützung für den russischen Militäreinsatz in der Ukraine zu demonstrieren. Der Urnengang fand trotz internationaler Kritik auch in den russisch besetzten Regionen der Ukraine statt.
Trotz Drohungen der Behörden mit harten Strafen gab es am Rande der Wahl einzelne Protestaktionen, laut der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info wurden dabei mindestens 80 Menschen festgenommen. Die Behörden meldeten Festnahmen wegen "Vandalismus". Demnach gossen Menschen in Wahllokalen grünen Farbstoff in Wahlurnen, zudem zündeten Wähler bei der Stimmabgabe Molotowcocktails oder Feuerwerkskörper.
In mehreren europäischen Hauptstädten bildeten sich am Sonntagmittag lange Schlangen vor den Wahllokalen in den russischen Botschaften. Die Witwe des vor einem Monat in Lagerhaft gestorbenen Oppositionsführers Alexej Nawalny hatte Putin-Gegner aufgerufen, als Zeichen des Protests mittags in Massen in die Wahllokale zu strömen und für Putins Gegenkandidaten zu stimmen oder Stimmzettel mit der Aufschrift "Nawalny" ungültig zu machen.
Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja selbst gab ihre Stimme in der russischen Botschaft in Berlin ab, wo Anhänger sie mit Blumen und Applaus begrüßten. Auch sie schrieb den Namen ihres Mannes auf den Stimmzettel.
Auch in mehreren russischen Städten waren um die Mittagszeit lange Schlangen vor Wahllokalen zu beobachten. "Ich bin gekommen um zu zeigen, dass wir viele sind, dass es uns gibt, dass wir keine unbedeutende Minderheit sind", sagte der 19-jährige Student Artem Minasjan vor einem Wahllokal im Zentrum von Moskau. Auf Nawalnys Grab auf einem Moskauer Friedhof lagen Stimmzettel mit seinem Namen darauf auf einem Berg von Blumen.
R.Schmid--NZN