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Die israelische Armee hat einen Einsatz am Al-Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza gestartet, auf dessen Gelände sich nach Angaben der Hamas "zehntausende" Vertriebene aufhalten. Der Einsatz richte sich gegen ranghohe Hamas-Terroristen, erklärte die israelische Armee am Montagmorgen. Zur Zukunft von Rafah im Süden des Gazastreifens hatte Regierungschef Benjamin Netanjahu am Vorabend bei einem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versichert, dass die angekündigte Offensive nicht starten werde, solange dort Zivilisten festsitzen.
Soldaten "führen derzeit einen gezielten Einsatz im Bereich des Al-Schifa-Krankenhauses aus", teilte die israelische Armee am frühen Montagmorgen mit. "Der Einsatz basiert auf Informationen, die auf die Nutzung des Krankenhauses durch ranghohe Hamas-Terroristen hinweisen." Die Soldaten vor Ort seien ausdrücklich aufgefordert worden, "mit Vorsicht zu agieren und Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass Patienten, Zivilisten und medizinisches Personal verletzt werden". Die Patienten müssten nicht evakuiert werden, betonte die Armee.
Augenzeugen vor Ort berichteten der Nachrichtenagentur AFP aus dem Stadtbezirk al-Rimal, in dem sich das Krankenhaus befindet, von israelischen Luftangriffen. Rund um das Gelände seien dutzende Panzer positioniert. Auf dem Gelände und rings um das Krankenhaus hätten kurz nach Morgengrauen Schusswechsel und Kämpfe begonnen.
In einer gemeinsamen Erklärung von israelischer Armee und Geheimdienst hieß es dazu später: "Terroristen haben vom Krankenhaus aus das Feuer auf unsere Truppen eröffnet. Die Soldaten haben zurückgeschossen." Möglicherweise seien durch die Schüsse Menschen getroffen worden.
Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium sprach von "dutzenden Märtyrern", die getötet worden seien. Eines der Gebäude des Krankenhauses sei durch die israelischen Angriffe in Brand geraten. Insgesamt befänden sich auf dem Gelände "zehntausende" Personen.
Das Al-Schifa-Krankenhaus ist das größte Krankenhaus im Gazastreifen. Die israelische Armee war im November erstmals auf das Gelände vorgedrungen. Der Militäreinsatz in der Klinik hatte international Kritik ausgelöst. Israel hatte der Hamas vorgeworfen, eine Kommandozentrale unter dem Krankenhaus zu betreiben. Vertreter der Klinik und die Hamas selbst wiesen das zurück.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 31.600 Menschen getötet.
Angesichts der Angriffe sind im Gazastreifen viele Menschen aus ihren Orten geflüchtet, hunderttausende von ihnen drängen sich in Rafah im Süden des Palästinensergebietes. Israel hat eine baldige Offensive auf die Stadt angekündigt, was international zu großer Besorgnis führte.
Am Sonntagabend nun sagte Regierungschef Netanjahu, die Offensive werde nicht starten, solange dort Zivilisten festsitzen. Das israelische Ziel sei weiter, "die verbleibenden Terroristen-Bataillone in Rafah zu eliminieren", sagte Netanjahu bei einem Pressetermin mit Scholz in Jerusalem. Dies werde Israel aber nicht tun, "während wir die Bevölkerung an Ort und Stelle festhalten".
Scholz warnte seinerseits erneut eindringlich vor einer israelischen Offensive in Rafah. Er verwies darauf, dass in der Stadt im Südwesten des Küstengebiets mittlerweile 1,5 Millionen Menschen auf engstem Raum lebten, die geschützt werden müssten. "Wohin sollen sie gehen?", fragte Scholz. Zudem pochte er auf eine deutliche Verbesserung humanitärer Hilfe. "Wir können nicht zusehen, wie die Palästinenser verhungern."
Die Hilfsorganisation Oxfam warf Israel ihrerseits am Montag vor, "vorsätzlich" die Lieferung von humanitärer Hilfe in den Gazastreifen zu verhindern. Dies geschehe sowohl bei Nahrungsmitteln als auch bei medizinischer Hilfe, erklärte Oxfam und warf Israel eine Verletzung des humanitären Völkerrechts vor. "Ungeachtet seiner Verpflichtungen als Besatzungsmacht blockieren und verhindern das Handeln und die Entscheidungen Israels systematisch und vorsätzlich jede wirkungsvolle internationale humanitäre Hilfe im Gazastreifen", kritisierte Oxfam.
D.Smith--NZN