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US-Präsident Joe Biden hat den Druck auf Israel angesichts einer geplanten großangelegten Bodenoffensive der israelischen Armee in der Stadt Rafah im Gazastreifen erhöht. Er habe den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montag gebeten, eine Delegation nach Washington zu schicken, um Möglichkeiten zu besprechen, wie die islamistische Hamas ohne eine größere Bodenoffensive in Rafah ins Visier genommen werden kann. In einem Telefonat mit Netanjahu - dem ersten seit mehr als einem Monat - bezeichnete Biden eine Offensive in Rafah als einen "Fehler", hieß es vom Weißen Haus.
Der US-Präsident wiederholte im Onlinedienst X, ehemals Twitter, zudem die "Notwendigkeit einer sofortigen Feuerpause" als Teil einer mehrwöchigen Vereinbarung zur Freilassung von Geiseln, "damit wir Geiseln nach Hause bringen und die Hilfe für Zivilisten in Gaza verstärken können".
Das Weiße Haus teilte mit, Biden habe Netanjahu in dem ersten Telefonat der beiden Politiker seit dem 15. Februar gewarnt, dass eine Offensive in Rafah ein "Fehler" wäre. Eine größere Bodenoffensive "würde zu mehr unschuldigen zivilen Toten führen, die bereits schreckliche humanitäre Krise verschlimmern, die Anarchie in Gaza vertiefen und Israel international weiter isolieren", sagte der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan.
Demnach stimmte Netanjahu einer Bitte Bidens zu, eine Delegation hochrangiger Vertreter Israels nach Washington zu schicken, um die Pläne für die Offensive und eine mögliche "alternative Herangehensweise" zu besprechen.
In Rafah leben inzwischen 1,4 Millionen Menschen auf engstem Raum, nachdem die israelische Armee infolge des Großangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober in den Küstenstreifen einmarschiert war.
Die USA hatten nach dem Großangriff den Schulterschluss mit Israel geübt. Sie halfen Israel auch mit fortgesetzten Zahlungen in Milliardenhöhe. Doch angesichts der hohen Zahl ziviler Todesopfer im Gazastreifen und der katastrophalen humanitären Lage in dem Palästinensergebiet äußerte Biden zuletzt immer deutlichere Kritik am Vorgehen Netanjahus.
Biden hatte am Freitag die Rede des Anführers der Demokratischen Partei im US-Senat, Chuck Schumer, zu Israel gelobt. Bidens Parteifreund hatte Neuwahlen in Israel gefordert und Netanjahu als "Hindernis für den Frieden" bezeichnet. Biden steht in den USA zunehmend unter Druck, da für ihn wichtige Wählerschichten unzufrieden mit seiner Nahostpolitik sind.
Der israelische Regierungschef bekräftigte nun nach eigenen Angaben in seinem Telefonat mit Biden, dass Israel entschlossen sei, alle seine Ziele im Krieg gegen die islamistische Hamas zu erreichen. Als solche nannte Netanjahu laut einer Mitteilung seines Büros die Vernichtung der Hamas, die Freilassung aller Geiseln sowie die Herstellung der Bedingungen dafür, dass der Gazastreifen "nie eine Bedrohung für Israel darstellen wird".
Derweil kündigten die USA an, dass Außenminister Antony Blinken in den Bemühungen um eine Feuerpause im Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen und mehr humanitärer Hilfe für die Palästinenser in dieser Woche nach Saudi-Arabien und Ägypten reisen werde. Blinken werde am Mittwoch Gespräche in Dschiddah mit Vertretern Saudi-Arabiens führen, ehe er am Donnerstag nach Kairo reisen werde, sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller am Dienstag. In Kairo sind demnach Gespräche mit Vertretern Ägyptens geplant.
Die USA und Ägypten sind neben Katar wichtige Vermittlerländer im Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Verhandlungen über eine Feuerpause und Geiselfreilassungen laufen seit Wochen. Auf dem Tisch liegt derzeit offenbar ein Vorschlag für eine sechswöchige Feuerpause und zu einem Austausch israelischer Geiseln gegen palästinensische Häftlinge.
Am Montag wollten sich der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, David Barnea, Katars Regierungschef Abdelrahman al-Thani sowie hochrangigen Vertretern Ägyptens in Doha treffen, um über eine mögliche Feuerpause zu sprechen, wie die Nachrichtenagentur AFP erfuhr. Dem US-Nachrichtenportal "Axios" zufolge gab es "positive" Gespräche. Die israelischen Unterhändler wollten demnach in Doha bleiben, um "detaillierte" Gespräche mit den ägyptischen und katarischen Vermittlern fortzusetzen.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 31.700 Menschen getötet.
W.O.Ludwig--NZN