SDAX
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Russland hat die Ukraine die dritte Nacht in Folge mit massiven Luftangriffen überzogen. Ziele waren diesmal vor allem die Hauptstadt Kiew und die Region Lwiw im Westen des Landes, wobei nach polnischen Angaben auch kurzzeitig der Nato-Luftraum durch eine russische Rakete verletzt wurde. "Explosionen in der Hauptstadt. Die Luftabwehr funktioniert. Verlassen Sie die Schutzräume nicht", schrieb der Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko Sonntagfrüh im Onlinedienst Telegram.
Kiews Militärverwaltungschef Serhij Popko erklärte bei Telegram, die Raketen seien in der Morgendämmerung "in Gruppen" auf die Hauptstadt abgefeuert worden. Vorläufigen Berichten zufolge habe es keine Verletzten oder Schäden gegeben, schrieb Popko. Die Luftabwehr der Stadt habe "etwa ein Dutzend" Raketen getroffen. "Der Feind setzt seinen massiven Raketenterror gegen die Ukraine fort", erklärte Popko weiter. "Er gibt sein Ziel, Kiew um jeden Preis zu zerstören, nicht auf."
Der Gouverneur der Region Lwiw, Maksym Kosyzkyj, meldete Raketenangriffe auf den Kreis um die südlich von Lwiw gelegene Stadt Stryj. Lwiws Bürgermeister Andriy Sadowyj zufolge wurden etwa 20 Raketen und sieben Schahed-Drohnen aus iranischer Produktion auf die Region abgefeuert, die auf kritische Infrastruktureinrichtungen abgezielt hätten.
Zuvor war in der gesamten Ukraine Luftalarm ausgerufen worden, der vor dem Abschuss von Raketen durch russische Kampfflugzeuge vom Typ Tu-95MS warnte. Der Alarm wurde etwa zwei Stunden später wieder aufgehoben. Ende Dezember hatte Russland Tu-95MS-Kampfjets genutzt, um eine Angriffswelle auf Kiew und andere ukrainische Städte zu starten. Dabei waren damals 39 Menschen getötet worden.
Laut der ukrainischen Luftwaffe schickte Russland in der Nacht insgesamt 29 Marschflugkörper und 28 Drohnen in die Ukraine. 18 Marschflugkörper und 25 Drohnen seien abgeschossen worden.
Russland hatte in den vergangenen Tagen seine Luftangriffe verstärkt. Am Freitag hatte es die ukrainische Energieinfrastruktur mit massiven Raketen- und Drohnenangriffen unter Beschuss genommen. Die US-Botschafterin in der Ukraine, Bridget Brink, erklärte zu der dritten Bombennacht in Folge im Onlinedienst X: "Russland schießt weiterhin wahllos Drohnen und Raketen ab, ohne Rücksicht auf Millionen von Zivilisten, und verletzt damit das Völkerrecht."
Bei den russischen Angriffen auf den Westen der Ukraine wurde nach polnischen Angaben kurzzeitig der Luftraum des benachbarten Nato-Mitgliedslandes verletzt. Wie die polnische Armee bei X mitteilte, wurde für rund 40 Sekunden "der polnische Luftraum durch einen der Marschflugkörper verletzt, die heute Nacht von der Luftwaffe (...) der Russischen Föderation abgefeuert wurden". Alle Luftverteidigungssysteme seien aktiviert worden, sagte der polnische Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz.
Laut einer Erklärung des Einsatzkommandos der polnischen Streitkräfte (RSZ) flog das Objekt "auf der Höhe des grenznahen Dorfes Oserdow im polnischen Luftraum und blieb dort 39 Sekunden lang".
Nach Angaben der Armee flog die Rakete mit einer Geschwindigkeit von fast 800 Kilometern pro Stunde in einer Höhe von 400 Metern. Demnach drang sie bis zu zwei Kilometer in polnisches Hoheitsgebiet ein.
Die ukrainische Armee zerstörte unterdessen nach eigenen Angaben bei einem Angriff auf die Hafenstadt Sewastopol auf der von Russland annektierten Krim-Halbinsel unter anderem zwei russische Schiffe. Den ukrainischen Streitkräften sei es gelungen, "die Landungsschiffe Jamal und Asow sowie ein Kommunikationszentrum und weitere Infrastrukturen der russischen Schwarzmeerflotte zu treffen", teilte das Kommunikationszentrum der ukrainischen Streitkräfte am Sonntag mit.
Der von Moskau eingesetzte Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, sprach von dem "massivsten Angriff der jüngsten Zeit". Es seien ein 65-Jähriger getötet und vier weitere Menschen verletzt worden. Er erwähnte keine Schäden an russischen Kriegsschiffen.
Russland hatte die am Schwarzen Meer gelegene Krim 2014 annektiert. Die Hafenstadt Sewastopol im Süden der Halbinsel beheimatet die russische Schwarzmeerflotte und wurde seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vor zwei Jahren regelmäßig zum Ziel ukrainischer Angriffe.
Die russische Armee hatte am Wochenende nach Angaben aus Moskau ihrerseits ein weiteres Dorf im Osten der Ukraine erobert. Die russischen Streitkräfte hätten "das Dorf Krasnoje" nahe den Städten Bachmut und Tschassiw Jar "befreit", erklärte das Verteidigungsministerium am Samstag unter Verwendung des alten russischen Namens für den ukrainischen Ort Iwaniwske. Russische Streitkräfte haben in den vergangenen Wochen eine ganze Reihe von Orten im Osten der Ukraine erobert, während die ukrainische Armee nach eigenen Angaben unter Personal- und Munitionsmangel leidet.
Ende Februar hatte die Ukraine über heftige Kämpfe in der östlichen Region Donezk berichtet. Russische Soldaten würden versuchen, Richtung Tschassiw Jar vorzustoßen, ein strategisch wichtiger Ort, seit Bachmut im Mai 2023 von der russischen Armee erobert worden war. Sollte den russischen Streitkräften auch die Eroberung von Tschassiw Jar gelingen, könnten sie ihre Angriffe auf die von Kiew kontrollierte Großstadt Kramatorsk im Donbass ausweiten.
O.Pereira--NZN