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Nach dem tödlichen Angriff auf eine Konzerthalle nahe Moskau und dem Bekenntnis der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu der Tat stuft die Bundesregierung die Terrorgefahr auch hierzulande als "akut" ein. Von dem mutmaßlich verantwortlichen IS-Ableger gehe "derzeit auch in Deutschland die größte islamistische Bedrohung aus", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der "Süddeutschen Zeitung". Der Angriff mit über 130 Toten wurde von der Bundesregierung mit scharfen Worten verurteilt.
"Nach allem, was bisher bekannt ist, ist davon auszugehen, dass die Terrorgruppe Islamischer Staat Provinz Chorasan den mörderischen Terroranschlag in der Nähe von Moskau zu verantworten hat", sagte Faeser. Chorasan ist die historische Bezeichnung für eine Region in Zentralasien, die unter anderem Teile der heutigen Staaten Afghanistan, Pakistan und Iran umfasst.
"Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus bleibt akut", sagte Faeser weiter. Auch die stark erhöhten Schutzmaßnahmen der Sicherheitsbehörden in Köln rund um Weihnachten und Silvester hätten dem Schutz vor möglichen Anschlagsgefahren durch den ISPK gegolten, sagte Faeser unter Verwendung der Abkürzung der Gruppe. "Die islamistische Szene steht im Fokus von BKA, Verfassungsschutz und der Sicherheitsbehörden der Länder."
Auch der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, hält es nach derzeitigem Stand für das wahrscheinlichste Szenario, dass Islamisten hinter dem Angriff stecken. Das gelte "nicht zuletzt aufgrund der bekannten Warnungen" seitens der USA im Vorfeld vor genau solchen Anschlagsplänen, sagte er dem "Handelsblatt". Zudem passe das Anschlagsbild zu den Islamisten.
Der Angriff zeige außerdem, "wie real und hoch die Gefahrenlage auch für uns ist und das wir nicht nachlassen dürfen in unserer Gefahrenabwehr", sagte auch Kramer. Vorwürfe aus Russland, die Ukraine könne in die Tat verwickelt sein, nannte Kramer "ebenso durchsichtig wie abwegig" - damit würde die Ukraine Russland weiter gegen sich aufbringen und den Westen irritieren. Unwahrscheinlich sei es jedoch nicht, dass die Hintermänner "möglicherweise in der Ukraine untertauchen wollten".
Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) erklärte ebenfalls, die Gefahr islamistischer Anschläge sei "auch hierzulande real" und seit der Eskalation des Nahost-Konflikts "so hoch wie lange nicht". Die Regierung müsse den Angriff in Russland nun auch zum Anlass nehmen, die Sicherheitskonzepte der Fußball-Europameisterschaft zu überprüfen, die ab Mitte Juni in Deutschland stattfindet.
Deutsche Sicherheitsexperten rechnen unterdessen damit, dass der russische Präsident Wladimir Putin aus dem Angriff politisches Kapital schlagen wird. "Putin wird diese Anschläge ausnutzen, um innere Säuberungen vorzunehmen und möglicherweise auch um noch mehr Brutalität und Unmenschlichkeit nach innen und nach außen zu rechtfertigen", sagte der Militärexperte Nico Lange, Mitglied der Münchner Sicherheitskonferenz, der "Bild am Sonntag".
Der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter brachte auch eine mögliche Urheberschaft von Russland selbst ins Spiel: "Ausgeschlossen werden kann zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht, dass es sich um eine False-Flag-Operation Russlands selbst handelt, auch wenn ein islamistischer Hintergrund durchaus wahrscheinlich erscheint", sagte er dem RND sowie ebenfalls der "BamS".
Die Bundesregierung verurteilte den Angriff nahe Moskau am Wochenende scharf. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach von einem "feigen, unmenschlichen Terror", Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb, der "schreckliche Terrorangriff auf unschuldige Konzertbesucher" werde verurteilt. Das Auswärtige Amt aktualisierte nach der Tat außerdem seine Reise- und Sicherheitshinweise für Russland. Justizminister Marco Buschmann (FDP) bezeichnete den Angriff als "kaltblütigen Mord an unschuldigen Menschen zu politischen Zwecken" - das sei immer falsch, egal von wem und gegen wen.
O.Pereira--NZN