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Vor dem Hintergrund einer immer noch ausgebliebenen Annäherung zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas bei den Gesprächen über eine Waffenruhe und Geiselfreilassungen im Gazastreifen reist Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntag erneut in den Nahen Osten. Vor ihrem Abflug am Nachmittag forderte Baerbock "eine sofortige humanitäre Feuerpause" für den Gazastreifen. Derweil verließen die Geheimdienstchefs der USA und Israels das Vermittlerland Katar nach weiteren Verhandlungen, ohne dass ein Durchbruch erzielt werden konnte. UN-Generalsekretär António Guterres warf Israel derweil vor, Hilfslieferungen zu blockieren.
Nach mehr als fünf Monaten Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas ist die humanitäre Lage im Gazastreifen katastrophal. In der "Hölle von Gaza" seien mehr als eine Million Kinder, Frauen und Männer von Hunger bedroht, beklagte Baerbock vor ihrer Reise mit geplanten Gesprächen in Ägypten, Israel und den Palästinensergebieten. "Weil Hamas sich nicht nur weiter perfide hinter ihnen verschanzt, sondern sie auch noch um das zum Überleben Nötigste bringt. Und weil einfach nicht genug Hilfe nach Gaza gelangt." Dies dürfe "keinen Tag so weitergehen".
Bei ihren Gesprächen in der Region wolle sie hinsichtlich eines "politischen Horizonts" weiter auf allen Seiten um Vertrauen werben - auch mit Blick auf einen dauerhaften Frieden in der Region. "Nur die Perspektive auf eine Zweistaatenlösung mit einer reformierten Palästinensischen Autonomiebehörde als ersten Schritt in Richtung eines demokratischen palästinensischen Staates" könne den Menschen "ein Leben in Sicherheit und Würde bieten", sagte Baerbock.
Zugleich sicherte die Ministerin Israel die Unterstützung Deutschlands zu. "Wir stehen zu unserer Verantwortung für Israels Sicherheit: Hamas muss die Waffen niederlegen und darf nie mehr wieder den Terror des 7. Oktober über die Menschen in Israel bringen." Sie warnte aber auch, dass sich "dieses Ziel rein militärisch nicht erreichen" lasse. Das militärische Vorgehen habe "seine Grenzen im humanitären Völkerrecht", betonte sie.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas war durch deren brutalen Überfall auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Als Reaktion auf den Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Nach Hamas-Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden in dem Palästinensergebiet seitdem mehr als 32.200 Menschen getötet.
Seit Wochen wird in Katar über ein neues Abkommen für eine Feuerpause zwischen Israel und der Hamas sowie zur Geiselfreilassung verhandelt. Die internationalen Bemühungen hatten sich zuletzt nochmals intensiviert. Sie laufen unter der Vermittlung Katars, Ägyptens und der USA, haben aber noch keinen Durchbruch gebracht.
Nach einer weiteren Gesprächsrunde verließen US-Geheimdienstchef William Burns und sein israelischer Kollege David Barnea die katarische Hauptstadt Doha offenbar am späten Samstagabend. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Sonntag aus Verhandlungskreisen erfuhr, reisten die beiden Geheimdienstchefs von CIA und Mossad aus Doha ab, um ihre jeweiligen Teams zu Hause über die jüngste Gesprächsrunde zu informieren.
Die Verhandlungen konzentrierten sich demnach insbesondere "auf Details und das Verhältnis für den Austausch von Geiseln und Gefangenen". Die "technischen Teams" verbleiben demnach in Doha. Zuletzt lag offenbar ein Vorschlag für eine sechswöchige Feuerpause und zu einem Austausch israelischer Geiseln gegen palästinensische Häftlinge auf dem Tisch.
UN-Generalsekretär António Guterres machte unterdessen Israel für die humanitäre Lage im Gazastreifen verantwortlich. Die notwendige Hilfe für die vom Hunger bedrohten Menschen könne nur geleistet werden, "wenn Israel die verbleibenden Hindernisse und Blockaden beseitigt", sagte Guterres am Sonntag bei einem Treffen mit dem ägyptischen Außenminister Sameh Schukri in Kairo vor Journalisten.
Am Vortag hatte Guterres den ägyptischen Grenzübergang Rafah besucht, durch den nur schleppend Hilfe in den Gazastreifen gelangt. Bereits dort hatte er an Israel appelliert, "vollständigen, ungehinderten Zugang für humanitäre Güter im gesamten Gazastreifen" zu gewähren. Die Lage im Gazastreifen nannte er einen "Alptraum".
Der israelische Außenminister Israel Katz warf Guterres daraufhin Einseitigkeit vor. Der UN-Generalsekretär habe bei seinem Besuch in Rafah weder die "Plünderung" der humanitären Hilfsgüter durch die Hamas verurteilt noch die sofortige und bedingungslose Freilassung aller israelischen Geiseln gefordert, kritisierte Katz im Onlinedienst X.
Während die internationalen Bemühungen um eine humanitäre Waffenruhe weitergingen, wollte der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant am Sonntag nach Washington reisen. In den Gesprächen mit seinem Kollegen Lloyd Austin und US-Außenminister Antony Blinken sollte es um "die Entwicklung des Krieges gegen die Terrororganisation Hamas" gehen, erklärte die israelische Regierung.
O.Krasniqi--NZN