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Zum 75. Jahrestag der Nato-Gründung hat Generalsekretär Jens Stoltenberg die Verbündeten dauerhaft zu milliardenschweren Militärhilfen für die Ukraine gedrängt. Stoltenberg sagte am Mittwoch in Brüssel, die Allianz müsse der Ukraine "langfristig robuste Unterstützung" leisten. Der Generalsekretär schlägt Diplomaten zufolge einen Ukraine-Hilfsfonds von 100 Milliarden Euro für fünf Jahre vor. Es gehe um "frisches Geld" für "viele Jahre", bestätigte der Norweger.
75 Jahre nach ihrer Gründung sei die Nato "die mächtigste und erfolgreichste Allianz der Geschichte", sagte Stoltenberg. Sie dürfe sich auf dem Erreichten aber nicht ausruhen. Kiew habe "dringenden Bedarf" an weiteren Waffen, Munition und Ausrüstung. Es gehe auch um ein Zeichen an Russland, dass die Nato den längeren Atem habe.
Stoltenberg schlägt zudem vor, Waffenlieferungen der Mitgliedsländer an Kiew künftig durch das Bündnis selbst koordinieren zu lassen. Bisher organisieren die USA die Unterstützung im Rahmen der sogenannten Ramstein-Unterstützergruppe.
Stoltenberg sagte, es gehe um "einen solideren und institutionalisierten Rahmen" für das langfristige Engagement. Diplomaten hatten mit Blick auf die US-Präsidentschaftswahl angedeutet, die Nato solle damit unabhängiger von politischen Entwicklungen werden - vor allem im Fall eines Wahlsiegs von Ex-Präsident Donald Trump. Auf dessen Druck blockieren die Republikaner im Kongress seit Monaten neue US-Milliardenhilfen für die Ukraine.
Positive Reaktionen zu dem 100-Milliarden-Euro-Fonds kamen aus dem Baltikum. Der lettische Außenminister Krisjanis Karins attestierte Stoltenberg einen "sehr guten Vorschlag". Die finnische Außenministerin Elina Valtonen nannte den Vorstoß "im Prinzip" gut. Er müsse allerdings mit anderen Hilfen abgestimmt werden, etwa der EU.
Scharfe Töne kamen dagegen aus Budapest. "Ungarn wird keine Nato-Vorschläge unterstützen, die die Allianz näher an den Krieg bringen", schrieb Außenminister Peter Szijjarto im Onlinedienst X. Er warnte die Nato vor "weiterer Eskalation" mit Russland, wenn diese zu einer "offensiven" Rolle in dem Krieg wechsele. Eine "rote Linie" nannte Szijjarto den Vorstoß von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der westliche Bodentruppen für die Ukraine nicht ausschließt.
Stoltenberg hofft nach eigenen Worten bis zum Jubiläumsgipfel Anfang Juli in Washington mit Beschlüssen. Dafür ist allerdings Konsens der 32 Mitgliedsländer nötig.
Am Donnerstag feiert die Nato den 75. Jahrestag der Unterzeichnung des Nordatlantik-Vertrags am 4. April 1949. Das Dokument wurde dafür erstmals aus Washington nach Brüssel überführt. Mit der Nato-Gründung hatten sich zwölf Länder um die USA im Kalten Krieg Beistand gegen die Sowjetunion versichert.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte in Berlin, die Nato sei "angesichts von Putins Krieg stärker und geeinter als je zuvor". Er mahnte: "Wir alle müssen unseren Teil dazu beitragen, damit das so bleibt."
L.Zimmermann--NZN