Zürcher Nachrichten - Nato-Plan: Berlin skeptisch über 100 Milliarden Euro für die Ukraine

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Nato-Plan: Berlin skeptisch über 100 Milliarden Euro für die Ukraine
Nato-Plan: Berlin skeptisch über 100 Milliarden Euro für die Ukraine / Foto: Kenzo TRIBOUILLARD - AFP

Nato-Plan: Berlin skeptisch über 100 Milliarden Euro für die Ukraine

Zum 75. Jahrestag der Nato-Gründung hat Generalsekretär Jens Stoltenberg die Verbündeten zu milliardenschweren Militärhilfen für die Ukraine gedrängt. Stoltenberg sagte am Mittwoch in Brüssel, die Allianz müsse der Ukraine "langfristig robuste Unterstützung" leisten. Der Generalsekretär schlägt laut Diplomaten einen Ukraine-Hilfsfonds von 100 Milliarden Euro für zunächst fünf Jahre vor. Deutschland reagierte skeptisch, Zuspruch kam vor allem aus Polen und dem Baltikum.

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75 Jahre nach Unterzeichnung des Nordatlantik-Vertrags am 4. April 1949 sei die Nato "die mächtigste und erfolgreichste Allianz der Geschichte", sagte Stoltenberg. Sie dürfe sich auf dem Erreichten aber nicht ausruhen. Kiew habe "dringenden Bedarf" an weiteren Waffen, Munition und Ausrüstung, sagte Stoltenberg. Es gehe um "frisches Geld" für viele Jahre.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reagierte zurückhaltend auf den 100-Milliarden-Plan. Es sei zwar "vollkommen klar, dass wir weitere Zahlungen leisten müssen", sagte sie. Es sei aber "nicht für sinnvoll", mit Zahlen in dieser Größenordnung "zu jonglieren".

Skeptisch äußerte sich auch Belgien: "Es ist gefährlich, Versprechen zu machen, die wir nicht halten können", warnte die belgische Außenministerin Hadja Lahbib. Nach ihren Angaben sollen die 32 Nato-Länder gemäß ihrer Wirtschaftsleistung zu dem Milliardenfonds beitragen. Auf Deutschland kämen damit nach den USA die zweitgrößten Beiträge zu. Die Bundesregierung hat Kiew dieses Jahr mehr als sieben Milliarden Euro an Militärhilfen zugesagt.

Polen unterstützt dagegen Stoltenbergs Finanzplan, wie Außenminister Radoslaw Sikorski sagte. Der lettische Außenminister Krisjanis Karins sprach von einem "sehr guten Vorschlag". "Es ist niemals zu spät, das Richtige zu tun", sagte er zu den zuletzt stockenden Nato-Hilfen und der schwierigen militärischen Lage der Ukraine.

Der Ukraine fehlen nach Brüsseler Angaben vor allem Munition und Luftabwehr-Systeme gegen die russischen Angriffe. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte im Onlinedienst X nach einem Treffen mit Sikorski, "alle rund um die Welt verfügbaren Patriot"-Systeme "so bald wie möglich" an sein Land zu liefern.

Positive Signale gab es bei dem Nato-Treffen für einen zweiten Vorschlag Stoltenbergs. Der Norweger will Waffenlieferungen der Mitgliedsländer an Kiew künftig durch die Nato koordinieren lassen. Bisher organisieren die USA die Unterstützung im Rahmen der sogenannten Ramstein-Unterstützergruppe.

Baerbock nannte es "richtig und wichtig", die Hilfen in "wirklich strukturierte, verlässliche, langfristige Strukturen zu gießen". Hintergrund ist die Furcht der Europäer vor einem nachlassenden US-Engagement, insbesondere im Fall eines Wahlsiegs von Ex-Präsident Donald Trump im November. Auf Trumps Druck blockieren die Republikaner im US-Kongress seit Monaten neue Ukraine-Hilfen von 60 Milliarden Dollar (rund 56 Milliarden Euro).

Stoltenberg hofft nach eigenen Worten bis zum Jubiläumsgipfel Anfang Juli in Washington mit Beschlüssen. Dafür ist Konsens der 32 Mitgliedsländer nötig.

Am Donnerstag feiert die Nato den 75. Jahrestag der Unterzeichnung des Nordatlantik-Vertrags 1949. Das Dokument wurde dafür erstmals aus Washington nach Brüssel überführt. Mit der Nato-Gründung hatten sich zwölf Länder um die USA im Kalten Krieg Beistand gegen die Sowjetunion versichert. Die Bundesrepublik trat 1955 bei, Gesamtdeutschland ist seit 1990 in der Allianz vertreten.

Bei dem Außenministertreffen geht es auch um die Nachfolge Stoltenbergs. Die Amtszeit des 65-Jährigen endet am 1. Oktober nach zehn Jahren. Deutschland, die USA, Frankreich und Großbritannien unterstützen den scheidenden niederländischen Regierungschef Mark Rutte als Kandidaten.

Vier Nato-Länder haben laut Diplomaten jedoch noch kein grünes Licht für Rutte gegeben: Ungarn, die Türkei, Rumänien und die Slowakei. Rumänien hat mit Präsident Klaus Iohannis sogar einen Gegenkandidaten aufgestellt.

R.Schmid--NZN