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Israel hat vor dem Hintergrund zunehmenden Drucks seitens seiner wichtigsten Verbündeten die "vorübergehende" Öffnung weiterer Grenzübergänge für Hilfslieferungen in den Gazastreifen angekündigt. Das Kriegskabinett habe die Regierung ermächtigt, "sofortige Maßnahmen zur Aufstockung der humanitären Hilfe zu ergreifen", erklärte das Büro von Regierungschef Benjamin Netanjahu am Freitag. Während die USA und Deutschland die Ankündigung begrüßten, kritisierten UNO und EU die Maßnahmen als unzureichend.
Die verstärkten Hilfslieferungen sollen laut Netanjahus Büro über den Grenzübergang Erez und den 40 Kilometer nördlich gelegenen Hafen Aschdod erfolgen, um "eine humanitäre Krise zu vermeiden" und "die Fortsetzung der Kämpfe zu gewährleisten". Zudem wollten die Behörden auch die Aufstockung von direkten Hilfslieferungen aus Jordanien über den Grenzübergang Kerem Schalom im Süden ermöglichen, hieß es weiter.
Die Ankündigung folgte auf ein Telefongespräch zwischen Netanjahu und US-Präsident Joe Biden am Donnerstag. Biden hatte darin "konkrete" und "unverzügliche" Schritte zum Schutz von Zivilisten und humanitären Helfern im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas gefordert und deutlich gemacht, dass der weitere US-Kurs gegenüber Israel von solchen Maßnahmen abhänge. Am Freitag versicherte Biden, Israel setze seine Forderungen aus dem Telefonat um. "Ich habe sie um das gebeten, was sie gerade tun", sagte Biden.
US-Außenminister Antony Blinken begrüßte die am Freitag angekündigten Schritte als "positive Entwicklungen". Zugleich drängte er auf eine rasche Umsetzung: "Nun kommt es auf Resultate an", sagte Blinken bei einem Besuch in der belgischen Stadt Löwen.
Ähnlich äußerte sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). "Wir erwarten, dass die israelische Regierung ihre Ankündigungen rasch umsetzt. Keine Ausreden mehr", erklärte sie im Onlinedienst X. Die EU-Kommission drängte Israel ebenfalls zur "raschen und vollständigen" Umsetzung der Ankündigung.
EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb im Onlinedienst X, die von Israel angekündigte vorübergehende Öffnung weiterer Zugänge zu dem Küstengebiet "reicht nicht aus". UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte ebenfalls, "vereinzelte Maßnahmen" seien nicht genug. "Wir brauchen einen Paradigmenwechsel", betonte Guterres.
Nach fast sechs Monaten Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas ist die humanitäre Lage im Gazastreifen verheerend, laut UNO droht eine Hungersnot.
Die US-Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) hatte nach dem Tod von sieben Mitarbeitern durch einen israelischen Luftangriff auf einen Hilfskonvoi am Montag ihre Arbeit im Gazastreifen eingestellt. Die israelische Armee erklärte am Freitag, sie habe bei dem Angriff einen "bewaffneten Hamas-Kämpfer" ins Visier genommen, zugleich räumte sie eine Reihe "schwerer Fehler" ein.
Laut dem Chef der Armee-Untersuchungskommission, Joav Har-Even, legten Drohnenaufnahmen den Verdacht nahe, dass der Hilfskonvoi von der Hamas gekapert worden sei. Später habe sich diese Einschätzung jedoch als "Irrtum" erwiesen. Die beiden Offiziere, die die Drohnenangriffe befohlen hatten, wurden nach Angaben der Armee entlassen.
World Central Kitchen sprach sich am Freitag für eine Untersuchung des Vorfalls durch eine "unabhängige Kommission" aus. Der britische Außenminister David Cameron forderte eine "unabhängige Überprüfung" der israelischen Untersuchungen, während sich Polen für strafrechtliche Ermittlungen aussprach.
Unterdessen forderte der UN-Menschenrechtsrat einen Stopp der Waffenverkäufe an Israel. In einer am Freitag verabschiedeten Resolution verlangte das in Genf ansässige Gremium, wegen der "möglichen Gefahr eines Völkermords im Gazastreifen" jegliche Waffenlieferungen nach Israel einzustellen. Für die Resolution stimmten 28 der 47 Mitglieder des Menschenrechtsrats, sechs votierten dagegen, darunter die USA und Deutschland.
Der Krieg wurde durch den beispiellosen Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Israel geht seitdem massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, inzwischen mehr als 33.000 Menschen getötet.
US-Medien berichteten, dass der Chef des US-Geheimdienstes CIA, Bill Burns, am Wochenende in Kairo mit seinen israelischen und ägyptischen Kollegen sowie mit dem katarischen Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani über die Befreiung der Geiseln aus dem Gazastreifen beraten werde. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, bestätigte eine Teilnahme der USA an den Gesprächen.
M.J.Baumann--NZN