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In den Verhandlungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen prüft die radikalislamische Hamas nach eigenen Angaben einen dreistufigen Vermittlervorschlag. Obwohl Israel während der Gespräche auf keinen der Forderungen eingegangen sei, "prüft die Führung der Bewegung den vorgelegten Vorschlag", erklärte die islamistische Palästinenserorganisation am Dienstag. Der Vorschlag sieht in einem ersten Schritt eine sechswöchige Feuerpause vor, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Kreisen der Hamas erfuhr. Derweil forderten Frankreich, Ägypten und Jordanien einen "unverzüglichen" Waffenstillstand in dem Krieg.
Laut dem Vorschlag soll die Waffenruhe einen Austausch von israelischen Geiseln und palästinensischen Gefangenen ermöglichen. Demnach sollen insgesamt 42 der in den Gazastreifen verschleppten Menschen freigelassen werden. Im Gegenzug solle Israel bis zu 900 inhaftierte Palästinenser freilassen, von denen etwa 100 lange oder lebenslange Haftstrafen verbüßen.
Wie eine mit den Verhandlungen vertraute Person mitteilte, sieht die erste Phase des Vorschlags auch die Rückkehr vertriebener palästinensischer Zivilisten in den Norden des Gazastreifens sowie 400 bis 500 Lastwagen mit Hilfslieferungen für das Palästinensergebiet täglich vor.
In der zweite Phase soll demnach die Freilassung aller israelischer Geiseln geschehen, inklusive Soldaten und Offiziere, im Austausch für eine Anzahl palästinensischer Flüchtlinge, die noch festgelegt werden soll. Zu diesem Zeitpunkt sollten zudem israelische Militärkontrollpunkte beseitigt werden, erläuterte die Hamas-Quelle.
Ein dritter Teil des Abkommens beinhaltet demnach einen dauerhaften Waffenstillstand und einen vollständigen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen.
Seit dem Wochenende verhandeln Israel und die Hamas erneut unter der Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars in Kairo über ein Abkommen zur Geiselfreilassung und einer Feuerpause im Gazastreifen. Dabei wurde nach US-Angaben der Hamas "am Ende des Wochenendes ein Vorschlag unterbreitet". "Nun liegt es an der Hamas, diesen Vorschlag umzusetzen", sagte in Washington der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. Inhaltliche Details zu dem Vorschlag nannte er nicht.
Zeitgleich hielten die Diskussionen um eine bevorstehende israelische Offensive in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens an. Die USA sprachen sich erneut gegen eine solche Offensive aus. Angesichts der 1,5 Millionen Palästinenser, die nach Rafah geflüchtet seien, hätten die USA "Israel gegenüber deutlich gemacht, dass wir glauben, dass eine militärische Großinvasion von Rafah immens schädliche Auswirkungen auf diese Zivilisten haben und letztlich der Sicherheit Israels schaden würde", sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte die bevorstehende Offensive zuvor bestätigt und davon gesprochen, dass bereits ein Termin dafür feststehe. Der Sieg über die radikalislamische Hamas erfordere "den Einmarsch in Rafah und die Eliminierung der dortigen Terroristenbataillone", sagte Netanjahu. "Das wird geschehen - es gibt ein Datum."
Israel zufolge ist die Stadt an der Grenze zu Ägypten die letzte verbliebene Hochburg der Hamas in dem Palästinensergebiet. Ungeachtet internationaler Kritik hält Israel an seinen Plänen für eine Offensive fest. Die westlichen Verbündeten Israels, darunter die USA und Deutschland, hatten sich gegen eine Offensive in Rafah ausgesprochen.
Frankreich, Ägypten und Jordanien forderten derweil einen "unverzüglichen" Waffenstillstand im Krieg im Gazastreifen. "Der Krieg in Gaza und das damit verbundene katastrophale menschliche Leid müssen unverzüglich beendet werden", schrieben der französische Präsident Emmanuel Macron, sein ägyptischer Kollege Abdel Fattah al-Sisi und der jordanische König Abdullah II. in einem Beitrag für mehrere Tageszeitungen.
"Angesichts der unerträglichen Zahl von Opfern (...) betonen wir die dringende Notwendigkeit eines dauerhaften Waffenstillstands in Gaza", schrieben sie weiter. Die Staatschefs forderten, einen Aufruf des UN-Sicherheitsrats zu einem Waffenstillstand "ohne weitere Verzögerung vollständig" umzusetzen - ebenso wie die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln.
Überdies warnten Macron, al-Sisi und Abdullah II. vor den "gefährlichen Konsequenzen einer israelischen Offensive in Rafah". "Eine solche Offensive würde nur den Verlust von Menschenleben und das Leid vergrößern, das Risiko und die Folgen einer massiven Zwangsumsiedlung der Bevölkerung von Gaza verschärfen und zu einer drohenden Eskalation in der Region führen."
Die Hamas hatte den Krieg am 7. Oktober mit ihrem beispiellosen Überfall auf Israel ausgelöst. Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen drangen in israelische Orte ein und verübten Massaker an Zivilisten. Nach israelischen Angaben töteten sie etwa 1170 Menschen, zudem verschleppten sie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen.
Als Reaktion auf den Angriff startete Israel einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei mehr als 33.200 Menschen getötet.
H.Roth--NZN