MDAX
237.2100
Die Forderung der FDP zur steuerlichen Begünstigung von Überstunden stößt bei Gewerkschaften auf Ablehnung. "Verrückte Ideen wie steuerfreie Überstunden laden gerade dazu ein, entweder Vollzeitarbeit zu verdrängen oder die geschlechterungleiche Verteilung von Arbeit noch weiter anzukurbeln", sagte DGB-Chefin Yasmin Fahimi den Funke-Zeitungen vom Dienstag. FDP-Chef Christian Lindner bekräftigte seinen Vorstoß und kritisierte Fahimi: Deren Blick auf das Arbeitsleben sei "einseitig".
Fahimi sagte, wer den Fachkräftemangel wirksam bekämpfen wolle, solle dafür sorgen, dass mehr Eltern in Vollzeit arbeiten können. Dafür brauche es vor allem mehr und bessere Kinderbetreuung.
"Es ist vollkommen wirklichkeitsfremd, die Arbeitsmoral der Beschäftigten infrage zu stellen: Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland mehr als 1,3 Milliarden Überstunden geleistet, weit mehr als die Hälfte davon war unbezahlt", sagte die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) weiter. "Hier hat sich in den letzten Jahren ein riesiger Haufen Geld angehäuft, den sich die Arbeitgeber in ihre eigene Tasche stecken."
Kritisch äußerte sich auch Verdi-Chef Frank Werneke. Anstatt Überstunden und Zuschläge steuerfrei zu stellen, sei es sinnvoller, wenn die Arbeitgeber von vornherein so viel zahlten, dass Überstunden für die Beschäftigten attraktiv sind und der Staat weiterhin Einnahmen erzielt, sagte er den Funke-Zeitungen. "Andernfalls erodiert die Einnahmebasis des Staates immer weiter."
Die FDP hatte am Montag gefordert, die Steueranreize zum Leisten von Überstunden zu verbessern. Sowohl eine begrenzte Zahl von Überstunden wie auch ausbezahlte Überstundenzuschläge könnten steuerfrei gestellt werden, heißt es in einem Papier zur Stärkung der Wirtschaft.
Lindner reagierte in der "Augsburger Allgemeinen (Mittwochsaufgabe) auf die Gewerkschaftskritik mit den Worten: "Ich wundere mich mitunter über die DGB-Vorsitzende, mit der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich werden wir unser wirtschaftliches Fundament nicht stärken." Anreize für Mehrarbeit könnten ein Mittel gegen den Personalmangel in Deutschland sein. "Die gegenwärtige Wachstumsschwäche überwinden wir daher nur durch Anerkennung von Leistung", sagte der FDP-Vorsitzende.
P.Gashi--NZN