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Nach dem iranischen Angriff auf Israel richten sich die internationalen Forderungen nach einer Deeskalation ausdrücklich auch an Israel: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) appellierte am Montag an Israel, "selbst zur Deeskalation" der Lage im Nahen Osten beizutragen. Großbritannien und Frankreich riefen Israel auf, eine "Eskalation" zu vermeiden. Zuvor hatten bereits die USA deutlich gemacht, dass sie Israel bei einem möglichen Gegenschlag gegen den Iran nicht unterstützen würden. UN-Generalsekretär António Guterres verlangte von allen Seiten "maximale Zurückhaltung".
Scholz verwies auf die "große Leistung der israelischen Armee, der israelischen Luftverteidigungskräfte" bei der Abwehr des iranischen Angriffs in der Nacht zum Sonntag. "Das ist ein Erfolg, der vielleicht auch nicht verschenkt werden sollte. Deshalb auch unser Ratschlag, selbst zur Deeskalation beizutragen", sagte der Kanzler bei einem Besuch im chinesischen Shanghai.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte auf eine Frage zu einem möglichen israelischen Gegenangriff: "Das Recht auf Selbstverteidigung bedeutet die Abwehr eines Angriffs, Vergeltung ist keine Kategorie des Völkerrechts." Priorität müsse nun sein, "einen Flächenbrand in der Region zu verhindern".
Der Iran hatte in der Nacht zum Sonntag erstmals von seinem Staatsgebiet aus direkt Israel angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der über 300 vom Iran abgefeuerten Drohnen und Raketen abgewehrt. Bei der Abwehr wurde Israel unter anderen von den USA, Großbritannien und Jordanien unterstützt.
Teheran bezeichnete die Angriffe als Vergeltung für einen Israel zugeschriebenen Angriff auf ein iranisches Konsulargebäude in Damaskus. Dabei waren Anfang April 16 Menschen getötet worden, darunter zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden.
Scholz bezeichnete den iranischen Angriff als "präzendenzlos" und wiederholte seine Warnung an Teheran: "Das darf nicht so weiter gehandhabt werden von Seiten des Iran." Die Haltung der G7-Staaten sei "sehr einvernehmlich und identisch". Deren Appell sei sehr klar: "Der Iran muss diese Aggression einstellen."
Baerbock sagte in Paris, Israel habe bei der Abwehr des iranischen Angriffs "in einer defensiven Art und Weise gesiegt". Nun gelte es, diesen "Defensivsieg diplomatisch abzusichern". Sie habe daher "nonstop" im Austausch mit Israel und arabischen Partnerstaaten Deutschlands gestanden.
Auch der britische Außenminister David Cameron rief Israel auf, eine "Eskalation zu vermeiden". Israel solle sich vielmehr auf eine Feuerpause mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen und die Befreiung der verschleppten israelischen Geiseln konzentrieren, sagte Cameron dem Sender Times Radio. Er schloss sich damit entsprechenden Äußerungen von US-Präsident Joe Biden an.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte an, sein Land werde "alles tun, um einen Flächenbrand zu verhindern und Israel davon zu überzeugen, nicht mit einer Eskalation zu antworten". Stattdessen müsse der Iran isoliert werden. Die Antwort auf den Angriff auf Israel müsse darin bestehen, die Länder in Nahost "zu überzeugen, dass der Iran eine Gefahr ist". Auch die Sanktionen und der Druck auf den Iran bezüglich seines Atomprogramms sollten verstärkt werden, um wieder auf einen "Pfad des Friedens" zu kommen, sagte Macron.
Russland rief ebenfalls alle Staaten der Region zur "Zurückhaltung" auf. "Eine weitere Eskalation ist in niemandes Interesse", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
UN-Generalsekretär António Guterres forderte von allen Seiten "maximale Zurückhaltung". "Weder die Region noch die Welt können sich einen weiteren Krieg leisten", sagte Guterres am Sonntagabend bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Sonntag mit seinem Kriegskabinett über mögliche Vergeltungsmaßnahmen gegen den Iran beraten. Medienberichten zufolge wurde noch keine Entscheidung getroffen.
Ungeachtet des iranischen Angriffs setzte Israel seinen Militäreinsatz gegen die Hamas im Gazastreifen fort. Die Armee habe "nicht für einen einzigen Moment" Israels Hauptziel aus den Augen verloren, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Dies sei, "unsere Geiseln aus den Händen der Hamas zu retten, dem Handlanger des Iran".
Hagari zufolge hält die Hamas auch in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens Geiseln fest. Israel plant in Rafah trotz internationaler Kritik eine Bodenoffensive und bezeichnet die Stadt als letzte verbliebene Hochburg der Hamas in dem Palästinensergebiet.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden.
Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 33.790 Menschen getötet.
Der Iran verlangte seinerseits von der internationalen Gemeinschaft Anerkennung wegen seiner angeblichen "Zurückhaltung" gegenüber Israel. "Statt Anschuldigungen gegen den Iran zu erheben, sollten die (westlichen) Länder sich selbst die Schuld geben und die Frage (...) beantworten, welche Maßnahmen sie gegen die Kriegsverbrechen Israel ergriffen haben", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran.
A.Wyss--NZN