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Nach dem iranischen Angriff auf Israel haben hochrangige Politiker Israel ausdrücklich zur Zurückhaltung gemahnt, um einen Flächenbrand zu vermeiden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) appellierte am Montag an Israel, "selbst zur Deeskalation" der Lage im Nahen Osten beizutragen, Großbritannien und Frankreich riefen Israel auf, eine "Eskalation" zu vermeiden. Unterdessen blieb weiter unklar, ob, wann und wie Israel auf den Angriff des Iran reagieren wird. Das israelische Kriegskabinett trat zu erneuten Beratungen zusammen.
Scholz verwies auf die "große Leistung der israelischen Armee, der israelischen Luftverteidigungskräfte" bei der Abwehr des iranischen Angriffs. "Das ist ein Erfolg, der vielleicht auch nicht verschenkt werden sollte. Deshalb auch unser Ratschlag, selbst zur Deeskalation beizutragen", sagte der Kanzler bei einem Besuch im chinesischen Shanghai.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte auf die Frage zu einem möglichen israelischen Gegenangriff: "Das Recht auf Selbstverteidigung bedeutet die Abwehr eines Angriffs, Vergeltung ist keine Kategorie des Völkerrechts." Das Wichtigste sei es nun, "einen Flächenbrand in der Region zu verhindern".
Der Iran hatte in der Nacht zum Sonntag erstmals von seinem Staatsgebiet aus direkt Israel angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der über 300 vom Iran abgefeuerten Drohnen und Raketen abgewehrt. Dabei wurde Israel unter anderen von den USA, Großbritannien und Jordanien unterstützt.
Teheran bezeichnete die Angriffe als Vergeltung für den Israel zugeschriebenen Angriff auf ein iranisches Konsulargebäude in Damaskus. Dabei waren Anfang April 16 Menschen getötet worden, darunter zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden.
Scholz bezeichnete den iranischen Angriff als "präzendenzlos" und wiederholte seine Warnung an Teheran: "Das darf nicht so weiter gehandhabt werden von Seiten des Iran." Der Appell der G7-Staaten sei sehr klar: "Der Iran muss diese Aggression einstellen."
Baerbock sagte in Paris, Israel habe bei der Abwehr des iranischen Angriffs "in einer defensiven Art und Weise gesiegt". Nun gelte es, diesen "Defensivsieg diplomatisch abzusichern". Sie habe daher "nonstop" im Austausch mit Israel und arabischen Partnerstaaten Deutschlands gestanden.
Auch der britische Außenminister David Cameron rief Israel auf, eine "Eskalation zu vermeiden". Israel solle sich vielmehr auf eine Feuerpause mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen und die Befreiung der verschleppten israelischen Geiseln konzentrieren, sagte Cameron.
US-Präsident Joe Biden sagte am Montag bei einem Treffen mit dem irakischen Regierungschef Mohamed Schia al-Sudani im Weißen Haus, er wolle sich "für eine Waffenruhe einsetzen, die die Geiseln nach Hause bringt und verhindert, dass sich der Nahost-Konflikt noch stärker ausbreitet als es schon der Fall ist". Zuvor hatten die USA bereits deutlich gemacht, dass sie Israel bei einem möglichen Gegenschlag gegen den Iran nicht unterstützen würden.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte an, sein Land werde "alles tun, um einen Flächenbrand zu verhindern und Israel davon zu überzeugen, nicht mit einer Eskalation zu antworten". Stattdessen müsse der Iran isoliert werden. Russland rief ebenfalls alle Staaten der Region zur "Zurückhaltung" auf. "Eine weitere Eskalation ist in niemandes Interesse", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
UN-Generalsekretär António Guterres forderte von allen Seiten "maximale Zurückhaltung". "Weder die Region noch die Welt können sich einen weiteren Krieg leisten", sagte Guterres bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Sonntag mit seinem Kriegskabinett über mögliche Vergeltungsmaßnahmen gegen den Iran beraten, Medienberichten zufolge zunächst ohne Ergebnis. Die Zeitung "Israel Hayom" berichtete, Spannungen im Iran würden "das Regime schwächen und Israel eher helfen". Dies deute darauf hin, dass die israelische Führung es mit einer Reaktion nicht eilig habe. Am Montag tagte das Kriegskabinett erneut.
Ungeachtet des iranischen Angriffs setzte Israel seinen Militäreinsatz gegen die Hamas im Gazastreifen fort. Die Armee habe "nicht für einen einzigen Augenblick" Israels Hauptziel aus den Augen verloren, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Dies sei, "unsere Geiseln aus den Händen der Hamas zu retten, dem Handlanger des Iran".
Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden.
Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 33.790 Menschen getötet.
Nach Angaben der Behörden im Gazastreifen ließ Israel am Montag 150 festgenommene Palästinenser frei. Ein Sprecher der Grenzübergangsbehörde sagte, es sei "sehr auffällig, dass einige dieser Gefangenen schwer misshandelt wurden". Sie seien ins Krankenhaus eingeliefert worden.
Die proiranische Hisbollah-Miliz im Libanon teilte unterdessen mit, sie habe nach einem Grenzübertritt israelischer Soldaten "Sprengkörper" gezündet. Nach Angaben der isralischen Armee wurden vier ihrer Soldaten in der Nacht "im Einsatz in einem Gebiet an der Nordgrenze" verletzt, einer von ihnen schwer.
M.J.Baumann--NZN