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In den USA hat erneut ein tödlicher Polizeieinsatz gegen einen jungen Schwarzen für Empörung gesorgt. Von der Polizei der Stadt Grand Rapids im US-Bundesstaat Michigan veröffentlichte Videoaufnahmen zeigen, wie ein weißer Polizist dem 26-jährigen Patrick Lyoya bei einer Auseinandersetzung auf dem Boden von hinten in den Kopf schießt. Vorausgegangen war eine aus dem Ruder gelaufene Verkehrskontrolle.
Nach Veröffentlichung der Videos versammelten sich am Mittwochabend dutzende Demonstranten im Zentrum der 200.000-Einwohner-Stadt. Sie trugen Banner mit dem Anti-Rassismus-Slogan "Black Lives Matter" (Das Leben von Schwarzen zählt). Einige der Protest-Teilnehmer riefen: "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden."
Der tödliche Vorfall hatte sich bereits am 4. April ereignet. Auf den veröffentlichten Videoaufnahmen ist zu sehen, wie der nicht namentlich genannte Polizist in den Morgenstunden Lyoyas Wagen stoppt und den Führerschein verlangt. Als Begründung gibt der Polizist an, das Nummernschild passe nicht zu dem Auto.
Der aus dem Wagen ausgestiegene Lyoya - nach Angaben vom Anwalt seiner Familie ein Flüchtling aus dem Kongo - bittet seinen Beifahrer zunächst, ihm seinen Führerschein zu geben, rennt dann aber weg. Es folgt eine heftige Auseinandersetzung mit dem Polizisten, die beiden Männern rangen dabei um die Elektroschock-Pistole des Beamten.
Auf einem weiteren Video ist schließlich zu sehen, wie die beiden Männer auf dem Boden kämpfen, der Polizist liegt dabei zwischenzeitlich auf Lyoyas Rücken. Der Beamte ruft, "Lass den Taser los", zieht dann seine Dienstwaffe und schießt dem 26-Jährigen von hinten in den Kopf.
Der Polizeichef von Grand Rapids, Eric Winstrom, sprach von einer "Tragödie". "Der Verlust eines Lebens ist unter jeglichen Umständen traurig, und ich weiß, dass dies Auswirkungen auf unsere Stadt haben wird", sagte er. Der Polizist wurde beurlaubt, unklar war zunächst, ob Anklage gegen ihn erhoben wird.
Der bekannte Bürgerrechtsanwalt Ben Crump, der die Familie Lyoya vertritt, schrieb auf Twitter, ein Polizist habe dem 26-Jährigen "während einer Routine-Verkehrskontrolle in den Hinterkopf" geschossen. "Seine Familie kam auf der Suche nach dem amerikanischen Traum in unser Land, aber stattdessen durchleben sie einen traumatischen, amerikanischen Albtraum."
In den USA sorgen tödliche Polizeieinsätze gegen Schwarze immer wieder für Empörung. Vor knapp zwei Jahren führte der auf einem Handyvideo festgehaltene qualvolle Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis zu landesweiten Protesten. Der weiße Polizist Derek Chauvin hatte dem wegen eines mutmaßlich gefälschten 20-Dollar-Scheins festgenommenen Schwarzen rund neuneinhalb Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt, obwohl der 46-Jährige wiederholt klagte, er bekomme keine Luft mehr.
Im April vergangenen Jahres erschoss dann eine weiße Polizistin bei einer aus dem Ruder gelaufenen Verkehrskontrolle den 20-jährigen Daunte Wright. Die Beamtin hatte eigentlich ihren Taser ziehen wollen, feuerte aber ihre Dienstpistole ab. Sie wurde im Februar wegen Totschlags zu zwei Jahren Haft verurteilt, ein Drittel der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
O.Meier--NZN