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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bei einem Besuch in der Ukraine dem Land Investitionen deutscher Unternehmen auch im Verteidigungssektor in Aussicht gestellt. Trotz des Krieges gebe es ein "sehr großes Interesse" deutscher Unternehmen, in die Ukraine zu kommen, sagte Habeck am Donnerstag in Kiew. Sein Besuch erfolgte vor dem Hintergrund der seit Wochen andauernden massiven russischen Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur.
Deutsche Unternehmen hätten ein sehr großes Interesse daran, in der Ukraine zu produzieren und dort Partnerschaften aufzubauen, erklärte Habeck - "in den verschiedensten Bereichen: Landwirtschaft, der Medizinsektor, aber auch immer stärker werdend die Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie". Unternehmen, die bisher nur geliefert hätten, würden nun auch in der Ukraine produzieren wollen, der Minister Habeck - im Wissen um die Lage vor Ort, aber auch in der Hoffnung, dass sich das Land auf den europäischen Binnenmarkt zubewege.
Habeck wurde bei seiner Reise von einer Wirtschaftsdelegation begleitet, zu der auch Vertreter der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie gehörten. Seine Visite sei ein "Zeichen, dass wir die Ukraine moralisch dauerhaft unterstützen müssen und auch werden", sagte Habeck bei der Ankunft in Kiew. Der Kampf der Ukraine sei ein Kampf für die Friedensordnung in Europa und deshalb gebe es den Auftrag, diesen Kampf "so zu finanzieren, dass er nicht verloren geht, dass er gewonnen wird".
Zum Auftakt der Reise hatte Habeck erklärt, dass zur umfänglichen Unterstützung der Ukraine auch die Unterstützung einer widerstandsfähigen Energieversorgung und des Wiederaufbaus gehörten. Damit dieser gelinge seien "privatwirtschaftliche Investitionen zentral", betonte der Minister. Die Ukraine biete als künftiges EU-Mitglied mit einer "sehr gut ausgebildeten Bevölkerung" Chancen für deutsche und internationale Unternehmen.
Das Bundeskabinett hatte in der vergangenen Woche einen 15-Punkte-Plan zum wirtschaftlichen Wiederaufbau der Ukraine beschlossen. Im Zentrum des Maßnahmenpakets stehen finanzielle Zuschüsse und Zinsverbilligungen für kleine und mittlere Unternehmen in der Ukraine sowie Investitionsgarantien für deutsche Unternehmen.
Die Ukraine befindet sich in einer zusehends schwierigen Lage: Die Führung in Kiew appelliert seit Monaten immer wieder an die Verbündeten, mehr Munition und mehr Mittel für die Luftabwehr zur Verfügung zu stellen. Derweil verbuchte die russische Armee in den vergangenen Wochen im Osten der Ukraine eine Reihe von Geländegewinnen.
Habeck sprach bei seinem Besuch von einer "dramatischen Lage" der Energieversorgung und erklärte, russische Truppen zielten neben der Frontlinie verstärkt auf Infrastruktur wie Schulen, Krankenhäuser und die Energieindustrie.
Am Donnerstag riefen der ukrainische Energieversorger DTEK und die ukrainische Regierung angesichts der russischen Angriffe dazu auf, den Energieverbrauch in den Abendstunden einzuschränken. "Gemeinsam mit unseren Kollegen tun wir alles, um den zuverlässigen Betrieb des Stromnetzes zu gewährleisten, aber wir brauchen dringend Ihre Hilfe", erklärte DTEK. "Wir bitten die Unternehmen und alle Familien, Strom zu sparen."
Erst am Mittwoch hatte es in Tschernihiw im Norden der Ukraine wieder einen Angriff mit mindestens 18 Toten gegeben, der nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht erfolgt wäre, wenn die Ukraine ausreichend Luftabwehr-Ausrüstung erhalten hätte.
Mit Blick auf den "dringenden Appell" der Bundesregierung an die Partnerländer angesichts der offenkundigen Schwäche der ukrainischen Luftabwehr sagte Habeck, die deutschen Minister hätten die Botschaft gesendet: "Liefert mehr und wir gehen voran". Es sei wichtig, dass Deutschland nicht abwarte, bis alle anderen sich bewegten, sondern dass es "first mover" sei.
Habeck war am Donnerstagmorgen mit dem Zug in der Hauptstadt Kiew angekommen und wollte dort unter anderem Gespräche mit Präsident Selenskyj führen. Die Reise diente laut Wirtschaftsministerium auch dazu, die Ukraine-Wiederaufbaukonferenz vorzubereiten, welche die Bundesregierung gemeinsam mit der ukrainischen Regierung am 11. und 12. Juni 2024 in Berlin ausrichtet.
Es ist Habecks zweiter Besuch in der Ukraine seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022. Im Anschluss wollte der Vizekanzler weiter in die Republik Moldau reisen, wo er Ministerpräsident Dorin Recean treffen wollte.
R.Bernasconi--NZN