Zürcher Nachrichten - Großbritannien will Asylbewerber nach Ruanda bringen

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Großbritannien will Asylbewerber nach Ruanda bringen
Großbritannien will Asylbewerber nach Ruanda bringen / Foto: Matt Dunham - POOL/AFP

Großbritannien will Asylbewerber nach Ruanda bringen

Großbritannien will illegal ins Land gelangte Migranten künftig nach Ruanda bringen. Ein entsprechendes Abkommen mit dem ostafrikanischen Land gaben der britische Premierminister Boris Johnson und die Regierung in Kigali am Donnerstag bekannt. Ruanda soll demnach den Migranten und Asylbewerbern legale Aufenthaltsmöglichkeiten anbieten. Scharfe Kritik kam von der UNO. Johnson verkündete zudem, dass künftig statt des Grenzschutzes die Marine die Aufgabe übernimmt, Flüchtlingsboote im Ärmelkanal abzufangen.

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Die Eindämmung der illegalen Zuwanderung gehört zu Johnsons zentralen Versprechen vor seinem Amtsantritt im Jahr 2019. Allerdings hat während seiner Amtszeit die Zahl der Migranten, die in Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangen, Rekordhöhen erreicht.

Jeder Migrant, der illegal nach Großbritannien gelange, "kann nun nach Ruanda umgesiedelt werden", sagte Johnson in einer Rede nahe der südenglischen Hafenstadt Dover. Das ostafrikanische Land habe die Kapazitäten, "zehntausende Menschen in den kommenden Jahren" aufzunehmen.

Johnson bezeichnete Ruanda als "eines der sichersten Länder der Welt", das globale Anerkennung dafür genieße, Einwanderer "willkommen zu heißen und zu integrieren". Nach Angaben von Beobachtern ist die Menschenrechtslage in dem ostafrikanischen Land allerdings alles andere als vorbildlich.

Das Abkommen mit Ruanda wurde während eines Besuchs der britischen Innenministerin Priti Patel in dem Land verkündet. Nach Angaben des ruandischen Außenministers Vincent Biruta sind darin britische Zahlungen in Höhe von bis zu 120 Millionen Pfund (144 Millionen Euro) vorgesehen. Die Migranten sollen dem Minister zufolge "in Gemeinden im ganzen Land integriert werden". Ihnen solle ermöglicht werden, "sich dauerhaft in Ruanda niederzulassen, wenn sie sich dafür entscheiden".

Das Abkommen wurde von der UNO, Menschenrechtsaktivisten und Flüchtlingshelfern scharf kritisiert. "Menschen, die vor Krieg, Konflikten und Verfolgung fliehen, verdienen Mitgefühl und Empathie", erklärte Gillian Triggs, hochrangige Vertreterin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR). Sie sollten "nicht wie Ware gehandelt" werden.

Nadia Hardman von Human Rights Watch sprach von einem "feigen, barbarischen und inhumanen" Umgang mit Menschen, die vor Verfolgung und Krieg flüchteten. Tim Naor Hilton von der Organisation Refugee Action warf der britischen Regierung vor, ihre Verantwortung, "einigen der ungeschütztesten Menschen auf dem Planeten zu helfen, in frühere europäische Kolonien auszulagern".

Im vergangenen Sommer hatte bereits Dänemark ähnliche Pläne verkündet. Laut einem dortigen Gesetz sollen Asylbewerber nach ihrer Registrierung an der Grenze in ein Aufnahmezentrum außerhalb der EU gebracht werden. Mit Ruanda unterzeichnete die dänische Regierung eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit im Bereich Asyl und Migration.

Johnson sagte am Donnerstag in seiner Rede zudem: "Ab heute wird die Royal Navy das Kommando über den Ärmelkanal vom Grenzschutz übernehmen." Ziel sei es, dass es "kein Boot unentdeckt ins Vereinigte Königreich schafft". Der Premier kündigte zusätzliche Mittel für Boote, Flugzeuge und Überwachungsausrüstung an, um im Ärmelkanal zu patrouillieren und Schleuser festzunehmen.

Die Zahl der illegalen Überfahrtversuche von Frankreich nach Großbritannien über den Ärmelkanal hatte 2021 mit mehr als 28.000 einen neuen Höchststand erreicht, wie die britische Nachrichtenagentur PA berichtete. Nach französischen Behördenangaben starben dabei mindestens 30 Menschen, vier weitere gelten als vermisst.

Der Seeweg ist für viele Flüchtlinge die Alternative zu dem Eurotunnel, der in den vergangenen Jahren immer stärker abgesichert wurde. Viele Migranten wollen nach Großbritannien, weil sie dort Familie haben oder meinen, dort einfacher Arbeit zu finden. Viele von ihnen haben keine Aussicht auf Asyl im Schengen-Raum.

D.Smith--NZN