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Nach dem Beschluss des US-Kongresses über neue Militärhilfen für Israel hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Verstärkung des "militärischen Drucks" auf die radikalislamische Hamas im Gazastreifen angekündigt. Israel werde der Hamas "in den kommenden Tagen" weitere "schmerzhafte Schläge" zufügen, sagte Netanjahu in einer am Sonntag veröffentlichen Videobotschaft zum jüdischen Pessach-Fest. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drang derweil in einem Telefonat mit Netanjahu erneut auf Deeskalation.
Der "militärische und politische Druck" auf die Palästinenserorganisation würden verstärkt, sagte Netanjahu. Dies sei "der einzige Weg, unsere Geiseln freizubekommen".
Ungeachtet internationaler Proteste hatte Netanjahu in den vergangenen Monaten immer wieder eine großangelegte Bodenoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens angekündigt. In die Stadt nahe der ägyptischen Grenze waren in den vergangenen Monaten mehr als 1,5 Millionen Bewohner des nördlichen Gazastreifens geflüchtet.
Israel bezeichnet die Stadt als letzte verbliebene Hamas-Hochburg in dem Palästinensergebiet. Armeesprecher Daniel Hagari zufolge hält die Hamas dort einige der Geiseln fest. Am Sonntag sagte er in einer Fernsehansprache, dass "der Generalstabschef die nächsten Schritte für den Krieg genehmigt" habe. Einzelheiten nannte er zunächst nicht. "An Pessach werden die Geiseln 200 Tage in Gefangenschaft sein... Wir werden kämpfen, bis ihr zu uns zurückkehrt", sagte Hagari.
Die israelischen Äußerungen folgten einen Tag nach der Zustimmung des US-Repräsentantenhauses zu weiteren Militärhilfen für Israel im Umfang von 13 Milliarden Dollar (rund 12,2 Milliarden Euro). Die USA sind Israels engster Verbündeter und waren schon zuvor der größte Rüstungslieferant des Landes. Netanjahu erklärte, mit den Hilfen verteidigten die USA auch "die westliche Zivilisation".
Die radikalislamische Hamas hatte mit ihrem beispiellosen Angriff auf Israel am 7. Oktober den Krieg im Gazastreifen ausgelöst. Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen drangen in israelische Orte ein und verübten Gräueltaten an Zivilisten. Nach israelischen Angaben töteten sie etwa 1170 Menschen, zudem verschleppten sie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen.
Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 34.000 Menschen getötet.
Die geplanten neuen US-Hilfen seien "ein Freibrief und ein grünes Licht" für Israel, seine "brutale Aggression gegen unser Volk fortzusetzen", erklärte die Hamas am Sonntag.
Unterdessen meldete der von der Hamas kontrollierte Zivilschutz den Fund von mindestens 50 Leichen auf einem Krankenhausgelände im südlichen Gazastreifen. Im Hof des Nasser-Krankenhauses in der Stadt Chan Junis seien "Massengräber" entdeckt worden, sagte Zivilschutz-Sprecher Mahmud Bassal am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP.
Die Hamas bezeichnete die Entdeckung der Leichen von "mehr als 50 Märtyrern aller Altersgruppen" in einer Erklärung als "schreckliches Verbrechen". Sie beschuldigte Israel, die Menschen "kaltblütig hingerichtet" und mit "Militärbulldozern" im Hof der Klinik verscharrt zu haben.
Die israelische Armee teilte auf Anfrage mit, sie werde die Angaben überprüfen. Israel wirft der Hamas vor, in zivilen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Schulen Kommandozentralen zu unterhalten und Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu benutzen.
Zudem sollen dort von der Hamas verschleppte Geiseln festgehalten werden. Die israelische Armee führte daher mehrfach Einsätze an Krankenhäusern aus. Nach einem "gezielten und begrenzten Armee-Einsatz" am Nasser-Krankenhaus hatte Israel Anfang April seine Truppen aus Chan Junis abgezogen.
Derweil warb Bundeskanzler Scholz in einem Telefonat mit Netanjahu erneut darum, die Lage in Nahost nicht eskalieren zu lassen. Wie Scholz' Sprecher Steffen Hebestreit am Sonntagabend in Berlin mitteilte, betonte der Kanzler in dem Gespräch, "dass es nun weiterhin darum gehe, eine Eskalation und einen regionalen Flächenbrand zu vermeiden".
Vor einer Woche hatte der Iran, ein wichtiger Unterstützer der Hamas und der Hisbollah im Libanon, erstmals von seinem Staatsgebiet aus Israel direkt angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der mehr als 300 vom Iran gestarteten Drohnen und Raketen abgewehrt, auch dank der Unterstützung der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens. Der beispiellose iranische Angriff schürte die Furcht vor einer Eskalation der Lage in Nahost.
W.O.Ludwig--NZN