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Die mit dem Cum-Ex-Steuerskandal befasste Chefermittlerin Anne Brorhilker hat gekündigt. Brorhilker reichte am Montag ihre Entlassung aus dem Justizdienst zu Ende Mai ein, wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Köln erklärte. Die Generalstaatsanwaltschaft bedauere diesen Schritt. Die Oberstaatsanwältin habe sich "in herausragender Weise für die Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen verdient gemacht". Zuvor hatte der Westdeutsche Rundfunk (WDR) über die Kündigung von Brorhilker berichtet.
Die Oberstaatsanwältin leitet bislang die Ermittlungen im Milliarden-Steuerskandal um Cum-Ex-Geschäfte, mit denen Banken und Investoren den Staat jahrelang um Milliarden prellten. Der Fiskus wurde ausgetrickst, so dass Kapitalertragsteuern mehrfach zurückerstattet wurden. Die Praxis war seit Anfang der 2000er Jahre bei vielen Banken im In- und Ausland üblich. 2021 bestätigte der Bundesgerichtshof die Strafbarkeit solcher Geschäfte.
Derzeit wird nach WDR-Angaben gegen mehr als 1700 Beschuldigte ermittelt. Geschätzte zwölf Milliarden Euro sollen Cum-Ex-Geschäfte die Steuerzahler gekostet haben. Es gibt bereits erste Urteile, unter anderem gegen den Anwalt Hanno Berger, eine Schlüsselfigur der Cum-Ex-Geschäfte. Berger wurde im Dezember 2022 vom Landgericht Bonn wegen drei Fällen von Steuerhinterziehung zu acht Jahren Haft verurteilt. Das Landgericht stellte fest, dass er Ideengeber, Initiator und Berater bei Cum-Ex-Geschäften gewesen sei.
Im Interview mit dem WDR übte Brorhilker Kritik an der Politik. "Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird", sagte sie dem Sender.
Die Politik habe elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Cum-Ex-Fälle noch immer nicht hinreichend reagiert. Steuerdiebstähle seien längst nicht gestoppt, es gebe Cum-Ex-Nachfolgemodelle, wie bei einem "Hase-und-Igel-Spiel". Grund seien fehlende Kontrollen, was bei Banken und auf den Aktienmärkten geschehe. Um das Problem zu lösen, spricht sich Brorhilker für mehr Personal in der Strafverfolgung und für eine zentrale bundesweite Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität aus, die auch Steuervergehen verfolge.
Die Generalstaatsanwaltschaft Köln äußerte sich nicht zu den Gründen für den Weggang der Chefermittlerin.
Brorhilker wechselt als Geschäftsführerin zur Bürgerbewegung Finanzwende. Wie der Verein am Montag mitteilte, wird sie "nach einer Übergangszeit" in einigen Wochen die Leitung des Bereichs Finanzkriminalität übernehmen und zugleich Teil der Geschäftsführung werden. Vereinsvorstand Gerhard Schick sprach von einer "Kampfansage an Finanzkriminelle und ihre Unterstützer". "Das muss ein Weckruf sein, die Verfolgung von Finanzkriminalität endlich zur politischen Priorität in Deutschland zu machen", erklärte er.
Die Gefahr, dass die Ermittlung mit ihrem Ausscheiden ins Stocken geraten könnte, sieht Brorhilker nach eigenen Angaben nicht. Es seien mehr als 30 Staatsanwälte mit den Ermittlungen befasst, sagte sie dem WDR. "Deswegen sind wir gut aufgestellt und ich finde, meine Kollegen machen eine hervorragende Arbeit."
D.Graf--NZN