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Der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, gerät immer stärker unter Druck: Nach der Festnahme eines engen Mitarbeiters wegen mutmaßlicher Spionage für China leitete die Generalstaatsanwaltschaft Dresden am Mittwoch auch Vorermittlungen gegen Krah selbst ein. Grund sind demnach "angebliche" Geldzahlungen aus russischen und chinesischen Quellen. Für die AfD sind die Probleme ihres Spitzenmanns im gerade beginnenden Europawahlkampf inzwischen ein echtes Problem.
Die Einleitung der Vorermittlungen erfolgte hinsichtlich der möglichen russischen Zahlungen "aufgrund der öffentlichen aktuellen Berichterstattung", wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Hintergrund sind offenbar Medienberichte aus der vergangenen Woche, wonach Krah im Dezember von der US-Bundespolizei FBI zu möglichen Zahlungen aus kremlnahen Quellen befragt worden sein soll.
Bei der Vernehmung sollen ihm die Ermittler eine Chat-Nachricht vorgehalten haben, in der ihm der prorussische Aktivist Oleg Woloschyn versichert habe, dass das Problem mit den "Kompensationen" für Krahs "technische Ausgaben" gelöst sei. Von Mai an werde "es so sein, wie es vor Februar war". Die Formulierung legte nach dem Bericht des "Spiegel" und des ZDF den Verdacht nahe, dass Krah schon länger verdeckt bezahlt worden sein könnte. Krah wies die Vorwürfe zurück.
Auch nach Einleitung der Vorermittlungen bestritt er gegenüber dem MDR am Mittwoch weiter jedes Fehlverhalten. Er war demnach nicht über den Schritt der Ermittlungsbehörde informiert gewesen.
Krahs Name wird seit Wochen im Zusammenhang mit der Affäre um das prorussische Internetmedium "Voice of Europe" genannt. Die tschechische Regierung hatte dieses Ende März mit Sanktionen belegt, weil sie es für eine Einflussoperation des Kreml hält.
Am Montag war dann zudem ein enger Mitarbeiter Krahs unter dem Verdacht der Spionage für China festgenommen worden. Konkret wird ihm vorgeworfen, Informationen über Verhandlungen im EU-Parlament weitergegeben und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht zu haben. Die Generalstaatsanwalt Dresden betonte, ihre Vorermittlungen stünden "nicht im Zusammenhang" mit diesem Fall.
Die AfD-Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla hatten Krah am Dienstag wegen der Spionagevorwürfe während der laufenden Plenarsitzung des EU-Parlaments nach Berlin für ein klärendes Gespräch bestellt. Dieses fand am Mittwochvormittag statt.
Die Parteiführung erklärte danach, Krah habe sich "mit sofortiger Wirkung" von seinem Mitarbeiter getrennt. Krah selbst sagte, er bleibe Spitzenkandidat der Partei für die Europawahl. Allerdings wird er nun beim Auftakt für den AfD-Europawahlkampf am Samstag in Donaueschingen fehlen. Laut Partei fiel die Entscheidung, "um den Wahlkampf sowie das Ansehen der Partei nicht zu belasten".
"Es muss jetzt Ruhe in den Wahlkampf, wir wollen über Europa reden, nicht über China", sagte Krah der Zeitung "Welt" (Donnerstagausgabe). "Und deshalb werde ich meine Auftritte und Videos so überarbeiten, dass das sichergestellt ist." Wie "Bild" und Spiegel Online am Mittwoch berichteten, soll Krah kaum mehr öffentliche Auftritte absolvieren und nicht auf Wahlplakaten zu sehen sein.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte die Spionage-Vorwürfe gegen den Krah-Mitarbeiter "sehr besorgniserregend". Die Anti-Korruptionsorganisation Transparency Deutschland forderte eine eidesstaatliche Erklärung Krahs. Nötig sei, dass der Politiker "eidesstattlich versichert, weder etwas von den Spionagetätigkeiten seines Mitarbeiters gewusst zu haben, noch selbst je daran beteiligt gewesen zu sein", sagte die stellvertretende Transparency-Vorsitzende Margarete Bause der "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe). "Auch alle eventuellen Geldflüsse aus russischen oder chinesischen Quellen müssen offengelegt werden."
Am Donnerstag befasst sich auch der Bundestag mit möglicher Einflussnahme auf die AfD aus dem Ausland. Dort findet auf Antrag der Ampel-Koalition eine Aktuelle Stunde mit dem Titel "Bedrohung unserer Demokratie – Russland, China und die Rolle der AfD" statt.
W.O.Ludwig--NZN