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Am Obersten Gericht der USA überwiegen offenbar die Vorbehalte gegenüber der Forderung von Ex-Präsident Donald Trump nach "absoluter präsidentieller Immunität" gegen strafrechtliche Verfolgung. Darauf deuten die Äußerungen sowohl liberaler als auch konservativer Richter in einer Anhörung des Supreme Court am Donnerstag in Washington hin. Allerdings scheinen die konservativen Richter, die am Obersten Gericht eine Mehrheit von sechs der neun Sitze haben, eine Teil-Immunität der Ex-Präsidenten zu befürworten.
Die Skepsis auch unter den konservativen Verfassungsrichtern gegenüber Trumps Forderung nach Immunität für sämtliche seiner früheren Amtshandlungen wurden in Äußerungen dazu deutlich, dass die beantragte höchstrichterliche Entscheidung weit über Trump hinausreichen und allgemein die Präsidentschaft definieren würde. "Wir schreiben eine Regel für die Ewigkeit", sagte der konservative Richter Neil Gorsuch. Dieser Fall habe "enorme Implikationen" für die Zukunft der Präsidentschaft und des Landes, sagte sein Kollege Brett Kavanaugh.
Die Entscheidung des Supreme Court wird für etwa Ende Juni erwartet. Trump, der bei der Präsidentschaftswahl im November erneut kandidieren will, ist der erste Ex-Präsident der US-Geschichte, der strafrechtlich angeklagt wurde - und das gleich in vier verschiedenen Fällen. Sein Immunitätsantrag bezieht sich in erster Linie auf die vom Sonderermittler Jack Smith erwirkte Anklage vor einem Bundesgericht in Washington zu seinen Versuchen, seine Wahlniederlage von 2020 gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden nachträglich zu kippen.
Der Rechtspopulist hat bereits einen Teilerfolg dadurch erzielt, dass das Oberste Gericht entschied, sich mit seinem Immunitätsantrag zu befassen. Dies führte zu einer Aussetzung seines Washingtoner Prozesses, der eigentlich Anfang März beginnen sollte. Trotz der klaren konservativen Mehrheit am Supreme Court - drei der Richter, darunter Gorsuch und Kavanaugh, wurden von Trump selbst nominiert - ist Trump der Erfolg seines Antrags aber keineswegs garantiert.
Mindestens vier der konservativen Verfassungsrichter befürworten jedoch offenbar eine Teil-Immunität der ehemaligen Präsidenten. So sagte der Supreme-Court-Vorsitzende John Roberts, er habe "Bedenken" gegen die Entscheidung eines Bundesberufungsgerichts, das Trumps Immunitätsantrag komplett abgewiesen hatte.
"So wie ich es lese, heißt es einfach: 'Ein ehemaliger Präsident kann strafrechtlich verfolgt werden, weil er strafrechtlich verfolgt wird'", sagte Roberts zu dieser Entscheidung. Er deutete die Option an, den Fall an die untere Instanz zurückzuverweisen. Dies würde zu einer weiteren deutlichen Verzögerung des Washingtoner Prozesses führen, in dem es auch um Trumps Rolle bei der Erstürmung des Kapitols im Januar 2021 gehen soll, so dass dieses Gerichtsverfahren wahrscheinlich nicht vor der Wahl beginnen würde.
Die drei liberalen Verfassungsrichter sprachen sich in der Anhörung deutlich gegen die "absolute Immunität" aus. "Bestünde nicht ein erhebliches Risiko, dass künftige Präsidenten ermutigt würden, unbekümmert Verbrechen zu begehen?" fragte die Richterin Ketanji Brown Jackson. Ihre Kollegin Elena Kaga fragte, ob etwa auch ein Präsident, der Atomgeheimnisse an ein feindliches Land verrate oder einen Militärputsch anordne, vor Strafverfolgung geschützt sein solle.
Der Rechtsvertreter des Sonderermittlers, Michael Dreeben, warnte, eine "absolute Immunität" würde Ex-Präsidenten vor Verfolgung für "Bestechung, Hochverrat, Aufruhr und Mord" schützen. Trumps Anwalt John Sauer argumentierte hingegen, dass Immunität den Präsidenten vor "Erpressung durch seine politischen Rivalen" schütze.
Trump selber nahm an der Anhörung nicht teil - dies wurde ihm von dem Richter in dem New Yorker Strafprozess zu einer Schweigegeldaffäre verwehrt. Dieses Gerichtsverfahren hatte vergangene Woche begonnen. Der 77-jährige Republikaner sagte am Donnerstag am Rande des Schweigegeldprozesses zu der gleichzeitigen Supreme-Court-Anhörung: "Ich wäre sehr gerne dort gewesen."
Das Verfahren zur Vertuschung eines Schweigegelds für den Pornostar Stormy Daniels ist der einzige von Trumps vier strafrechtlichen Fällen, in denen bislang der Prozess begonnen hat. Bei den übrigen drei Fällen ist völlig ungewiss, wann die Prozesse beginnen könnten.
Neben der vor einem Bundesgericht anhängigen Anklage wegen Verschwörung gegen die Wahl von 2020 ist der Ex-Präsident auch von der Staatsanwaltschaft des Bundesstaats Georgia wegen versuchter Wahlmanipulation angeklagt, zudem ist vor einem Bundesgericht in Florida eine Anklage wegen der Mitnahme geheimer Regierungsdokumente in Trumps Privatanwesen anhängig.
Trump setzt in seinen juristischen Auseinandersetzungen auf eine Verzögerungstaktik. Er könnte bei einem Wiedereinzug ins Weiße Haus die Bundesanwaltschaft anweisen, die zwei gegen ihn erhobenen Anklagen wegen Wahlverschwörung und zur Dokumentenaffäre fallenzulassen.
O.Krasniqi--NZN