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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) haben am Freitag Kritik an der Entscheidungsfindung zum Atomausstieg zurückgewiesen. Habeck sagte, anders als in der Berichterstattung dargestellt sei sein Ministerium schon vor Beginn des Ukraine-Krieges auf die Akw-Betreiber zugegangen mit der Frage, ob die Kraftwerke länger laufen könnten. Lemke kritisierte das Verhalten der Opposition: "Das ist kein Spiel, wir reden über nukleare Sicherheit." Unionspolitiker forderten einen Untersuchungsausschuss zu den Abläufen.
Die beiden Ministerien hatten bereits am Donnerstag einen Bericht zurückgewiesen, wonach "Netzwerke der Grünen" die Entscheidung über eine Akw-Laufzeitverlängerung "manipuliert" hätten. Unterlagen, auf deren Herausgabe das Magazin "Cicero" geklagt hatte, sollen belegen, dass Habeck eine mehr als dreimonatige Verlängerung des Akw-Betriebs klar abgelehnt habe, obwohl einige Fachleute im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu anderen Ergebnissen gekommen seien.
Es geht um die Zeit nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar 2022. Damals waren in Deutschland noch drei Atomkraftwerke am Netz, die eigentlich Ende 2022 abgeschaltet werden sollten. Als im Sommer die Gaslieferungen aus Russland zunächst gedrosselt und später gestoppt wurden, beschloss die Bundesregierung, die Laufzeiten der drei Akws bis Mitte April 2023 zu verlängern.
Habeck sagte nach einer Sondersitzung des Bundestags-Energieausschusses am Freitag: "Die Unterlagen erzählen eine andere Geschichte, als es kolportiert wurde." Sein Ministerium sei schon vor Kriegsbeginn aktiv auf die Betreiber zugegangen mit der Frage, ob die Akws länger laufen könnten. Der Grünen-Politiker verwies auf einen am 24. Februar 2022 eingegangenen Brief des Energiekonzerns Eon. Darin erwähnte Eon demnach ein vorangegangenes Gespräch und teilte mit, dass die Brennelemente Ende 2022 ausgebrannt seien.
"Die Versorgungssicherheit hat für uns absolute Priorität", sagte Habeck. "Wir haben aktiv alle Möglichkeiten ausgelotet inklusive einer Laufzeitverlängerung." Bereits am Anfang der Debatte hätten die Akw-Betreiber mitgeteilt, die Brennelemente seien "ausgelutscht, da geht nichts mehr". Die Akw-Betreiber hätten keine Ressourcen mehr gehabt, die Frage eines Weiterbetriebs habe deshalb nur in der Theorie bestanden.
Umweltministerin Lemke sagte am Rande einer Sitzung des Bundestags-Umweltausschusses, auch ihr Haus könne alle Vorgänge in dem Zusammenhang "transparent und nachvollziehbar" darstellen. Die Bewertungen und Einschätzungen hätten sich "zu jeder Zeit an der nuklearen Sicherheit unseres Landes orientiert", betonte die Grünen-Politikerin. Das Vorgehen sei stets verantwortungsvoll gewesen.
In der Sondersitzung des Umweltausschusses warfen die Abgeordneten der Ampel-Koalition dem Magazin "Cicero" vor, die Veröffentlichung zeige politische Tendenzen. Lemke sagte mit Blick auf die Berichterstattung und die Empörung aus der CDU/CSU, sie "möchte nicht, dass dieser so sensible Bereich von der Opposition in eine Diskussion gepackt wird, die ich für problematisch halte".
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums beschrieb die Darstellung in der Berichterstattung als "verkürzt" und "ohne entsprechenden Kontext". Deshalb seien auch die daraus gezogenen Schlüsse nicht zutreffend. "Aus unserer Sicht war das eine deutlich verzerrte Darstellung durch die selektive Zitierung von Akten und Korrespondenzen", ergänzte auch eine Sprecher des Umweltministeriums.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm die Berichterstattung und die Befragung von Habeck und Lemke "zur Kenntnis", wie Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin sagte. Die Bundesregierung habe damals gemeinsam entschieden, die Laufzeiten begrenzt zu verlängern und gleichzeitig an dem Ausstieg festzuhalten und ihn auch zu vollenden. Hoffmann betonte: "Damals wurden alle Informationen abgewogen und eine Entscheidung dazu getroffen - und zu der stehen wir natürlich."
Der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Mark Helfrich (CDU), hatte zuvor von einer "Täuschungsaktion" gesprochen. Diese müsse "in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden", forderte er in der "Bild"-Zeitung.
Die Vorsitzende der Unions-Mittelstandsvereinigung MIT, Gitta Connemann, sagte: "Der Rückbau der letzten Kernkraftwerke muss sofort gestoppt werden." Die Öffentlichkeit habe ein Recht auf lückenlose Aufklärung. Wenn Habeck "nicht lückenlos aufklärt, braucht es einen Sonderausschuss wegen Eilbedürftigkeit oder einen Untersuchungsausschuss".
FDP-Bundesvorstandsmitglied Martin Hagen fordert Habeck zum Rücktritt auf. "Entweder Habeck wusste davon oder er hat sein Haus nicht im Griff, und wurde von den eigenen Leuten hintergangen. In beiden Fällen wäre ein Rücktritt die logische Konsequenz", sagte Hagen der "Bild"-Zeitung.
O.Hofer--NZN