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Nach monatelangen Gesprächen über eine Feuerpause und die Freilassung von Geiseln im Gazastreifen steht eine Antwort der Hamas auf den neuen Vorschlag aus. Eine Delegation der islamistischen Palästinenserorganisation sei von Kairo nach Doha gereist, um das Angebot zu prüfen, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus Hamas-nahen Kreisen. Während die USA die Hamas zur Zustimmung drängten, bezweifelte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstag deren Bereitschaft zu einer Einigung mit Israel.
Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Kahera News meldete am Montagabend, die aus Kairo abgereiste Hamas-Delegation werde mit einer schriftlichen Antwort auf den jüngsten Vorschlag zurückkehren. Aus Hamas-nahen Kreisen hieß es, es werde "so schnell wie möglich" eine Antwort geben.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte derweil, die israelische Armee werde unabhängig von einer möglichen Einigung ihre Pläne für eine Offensive in Rafah im Süden des Gazastreifens umsetzen. Die Vorstellung, dass Israel den Krieg beenden werde, bevor alle Ziele erreicht seien, stehe "nicht zur Debatte", sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros vor Vertretern der Geisel-Familien. "Wir werden Rafah betreten und die dortigen Hamas-Bataillone vernichten, ob mit oder ohne Feuerpause."
In Rafah haben 1,8 Millionen Menschen Zuflucht vor den Kämpfen im Gazastreifen gesucht, nach israelischen Angaben ist es zugleich die letzte Bastion der Hamas in dem Palästinensergebiet.
Derweil erhöhte Washington den Druck auf die Hamas, dem Vorschlag zuzustimmen - und nahm auch die Vermittlerländer Ägypten und Katar in die Pflicht. Außenminister Antony Blinken sagte in der saudiarabischen Hauptstadt Riad, die Hamas müsse sich schnell entscheiden. "Im Moment ist das einzige, was zwischen den Menschen in Gaza und einer Feuerpause steht, die Hamas."
Blinken, der am Dienstag in Jordanien eintraf und anschließend in Israel erwartet wurde, sprach von einem "außerordentlich großzügigen" Vorschlag der israelischen Seite und zeigte sich "hoffnungsvoll". Nach mehr als einem halben Jahr Krieg gebe es eine "grundlegende Veränderung in der Dynamik".
US-Präsident Joe Biden forderte auch die Vermittlerländer Ägypten und Katar auf, mehr Druck auf die Hamas auszuüben. Beide Länder sollten alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln zu erreichen, erklärte das Weiße Haus. Dies sei nun "das einzige Hindernis für eine sofortige Feuerpause".
Der aktuelle Vorschlag sieht nach Angaben des britischen Außenministers David Cameron eine 40-tägige Feuerpause vor. Der Hamas sei ein "sehr großzügiges Angebot einer 40 Tage andauernden Feuerpause" und der Freilassung von "möglicherweise tausenden palästinensischen Häftlingen" im Gegenzug für die verbleibenden Geiseln aus Israel unterbreitet worden, sagte Cameron in Riad.
Außenministerin Baerbock warf der Hamas indes vor, kein Interesse an einem Ende des Krieges gegen Israel zu zeigen. "Das haben wir in den letzten Monaten immer wieder erlebt, dass die Hamas als Terrororganisation das Ziel hat, (...) offensichtlich diesen furchtbaren Krieg zu verlängern", sagte Baerbock dem Deutschlandfunk. Die Hamas spreche "nicht für die Menschen Palästinas" und sehe "nicht die Verantwortung, dieses Leid zu lindern", sagte Baerbock weiter.
Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass sich unter den von der Hamas verschleppten Geiseln "immer noch eine niedrige zweistellige Anzahl von Personen mit Deutschlandbezug befindet". Ein Sonderstab arbeite "weiter in Abstimmung mit unseren Partnern mit Hochdruck daran, die verbliebenen Geiseln so rasch wie möglich freizubekommen", teilte das Auswärtige Amt am Dienstag auf Nachfrage von AFP mit.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober ausgelöst worden. Nach israelischen Angaben töteten die islamistischen Kämpfer damals etwa 1170 Menschen, zudem verschleppten sie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Israel geht seitdem massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas.
Derweil teilte das chinesische Außenministerium mit, dass die islamistische Hamas und die säkulare Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sich kürzlich in Peking zu Gesprächen über eine "innerpalästinensische Versöhnung" getroffen hätten. Beide Seiten hätten dabei "ihren politischen Willen zur Versöhnung durch Dialog und Beratung" zum Ausdruck gebracht, sagte Außenministeriumssprecher Lin Jian.
Abbas' palästinensische Autonomiebehörde regiert im von Israel besetzten Westjordanland. Im Gazastreifen hatte die Hamas 2007 die alleinige Kontrolle übernommen und die rivalisierende Fatah-Partei gewaltsam verdrängt. China baut seit einiger Zeit seinen Einfluss im Nahen Osten aus und macht den USA ihren Führungsanspruch in der Region streitig.
D.Smith--NZN