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Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die gewaltsame Blockade des Dienstwagens von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) nach einer Diskussionsveranstaltung in Brandenburg scharf kritisiert. "Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun", schrieb Faeser am Donnerstag im Online-Netzwerk X. "Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen", forderte Faeser.
Zwei 19- und 26-Jährige Männer sollen Polizeiangaben zufolge am Samstagabend die Abfahrt der Grünen-Politikerin nach der Veranstaltung im ostbrandenburgischen Lunow-Stolzenhagen verhindert haben, indem sie sich vor und hinter das Auto gesetzt haben. Die Polizei ermittelt wegen Nötigung. Der 26-Jährige habe angegeben, von dem Auto touchiert worden zu sein. Verletzungen waren laut Polizei aber nicht ersichtlich, eine Behandlung durch Rettungskräfte habe er abgelehnt.
Insgesamt seien bei der Veranstaltung rund 100 Menschen im Saal gewesen, teilte das Büro Göring-Eckardts im Bundestag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin mit. Vor dem Saal hätten sich zu Beginn "schätzungsweise etwa 40 bis 50 Demonstranten" versammelt. Nach der Veranstaltung sei Göring-Eckardt auf dem Weg zu ihrem Dienstwagen "bedrängt" worden, mehrere Menschen hätten "dabei in aggressiver Stimmung auf das Fahrzeug" geschlagen, in dem Göring-Eckardt und ihr Fahrer saßen.
Erst als die Polizei Verstärkung gerufen habe, habe das Auto "nach etwa 45 Minuten" anfahren können. "Wir waren überrascht, wie sorglos die Polizei offenbar Hinweise in Nachrichtengruppen zum Aufruf von Gegenprotest, von denen uns berichtet wurde, bewertet hatte." Kurz vor Veranstaltungsbeginn sei ein Polizeieinsatzleiter nur "mit einer Handvoll Kolleginnen und Kollegen vor Ort" gewesen, zum Ende seien noch zwei Einsatzkräfte anwesend gewesen.
Als Reaktion plädierte die Grünen-Politikerin für mehr Schutz für politische Veranstaltungen in ländlichen Regionen. "Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern, und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden", sagte Göring-Eckardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Das kann unser Rechtsstaat nicht hinnehmen."
Bei der Polizei müsse "jetzt ein anderes Bewusstsein her", forderte sie. "Demonstrations- und Meinungsfreiheit sind genauso zu gewährleisten wie die ordnungsgemäße Durchführung politischer Veranstaltungen und der Schutz von politisch Engagierten. Wir können die ländlichen Räume nicht einem Mob überlassen."
Auch die Union forderte ein entschiedeneres Handeln der Behörden und solidarisierte sich mit Göring-Eckardt. "Um das Fundament unserer Demokratie zu schützen, muss sich der Rechtsstaat auch an dieser Stelle wehrhaft zeigen", forderte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Das Demonstrationsrecht in Deutschland sei ein hohes Gut, "aber die Bundestagsvizepräsidentin zu bedrohen und einzuschüchtern, ist absolut inakzeptabel."
In Brandenburg finden am 9. Juni zeitgleich mit der Europawahl auch Kommunalwahlen statt. Im September wird in dem Bundesland ein neuer Landtag gewählt.
F.Schneider--NZN