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Die Verhandlungen über eine Feuerpause im Gazastreifen und eine Freilassung von Geiseln haben zunächst nicht den erhofften Durchbruch gebracht. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte am Sonntag, Israel könne die Hamas-Forderung nach einem Kriegsende "nicht akzeptieren". Die indirekten Verhandlungen in Kairo wurden dessen ungeachtet jedoch wieder aufgenommen. Das Welternährungsprogramm (WFP) beklagte unterdessen eine "Hungersnot" im Norden des Gazastreifens.
"Wir sind nicht bereit, eine Situation zu akzeptieren, in welcher die Hamas-Bataillone aus ihren Bunkern kommen und wieder die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen", sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros am Sonntag bei einer Kabinettssitzung. Ein Eingehen auf die Forderung der Hamas würde bedeuten, dass diese "ihre militärische Infrastruktur wieder aufbaut und wieder zu einer Bedrohung für die Menschen in Israel wird".
Eine "Kapitulation" vor den Forderungen der Hamas wäre für Israel eine "schreckliche Niederlage", sagte Netanjahu. Ein Vertreter der radikalislamischen Palästinenserorganisation hatte zuvor erklärt, die Hamas werde bei den Verhandlungen über eine Feuerpause im Gazastreifen und eine Freilassung israelischer Geiseln "unter keinen Umständen einem Abkommen zustimmen, das nicht ausdrücklich eine Beendigung des Krieges vorsieht".
In Tel Aviv demonstrierten am Samstagabend erneut tausende Menschen für die Freilassung der Geiseln. Am Sonntag wandte sich das Forum der Geisel-Familien in einer Erklärung direkt an Netanjahu: "Die Geschichte wird es Ihnen nicht verzeihen, wenn Sie diese Chance verpassen", die Geiseln nach Hause zu bringen, schrieben die Familien mit Blick auf die Verhandlungen in Kairo.
Der Hamas-Vertreter warf Netanjahu vor, er wolle aus "persönlichem Kalkül" ein Abkommen verhindern. Die Hamas sei an einer Einigung interessiert, aber "nicht um jeden Preis". Falls kein Abkommen zustande komme, trage Israel die "volle Verantwortung dafür".
US-Außenminister Antony Blinken hatte dagegen am Freitagabend die Hamas als einziges Hindernis für eine Feuerpause bezeichnet. "Das einzige, was zwischen den Menschen in Gaza und einer Feuerpause steht, ist die Hamas", sagte er.
Eine Delegation der Palästinenserorganisation war am Samstag zu einer neuen Verhandlungsrunde in Kairo eingetroffen. Israel will nach eigenen Angaben erst ein Verhandlungsteam in die ägyptischen Hauptstadt schicken, wenn es Bewegung in den indirekten Gesprächen gibt.
Die Vermittler USA, Ägypten und Katar warten seit Tagen auf eine Antwort der Hamas auf den zuletzt unterbreiteten Vorschlag, die Kämpfe im Gazastreifen vorerst einzustellen und israelische Geiseln gegen palästinensische Häftlinge auszutauschen.
Der Hamas-Vertreter sagte, die Gesprächsrunde am Samstag habe "keine Fortschritte" gebracht. Am Sonntag nahm die Hamas die Gespräche mit den Vermittlern Katar und Ägyptern demnach wieder auf.
WFP-Direktorin Cindy McCain sagte unterdessen im US-Sender NBC, im Gazastreifen herrsche eine "Hungersnot, die sich immer weiter nach Süden ausbreitet". Nötig seien "ein Waffenstillstand" und "ungehinderter Zugang" zum Gazastreifen, um humanitäre Hilfe zu leisten.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Überfall der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Die islamistischen Kämpfer hatten damals israelische Ortschaften überfallen und nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet.
Zudem verschleppten sie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Israel geht davon aus, dass 35 der 128 Geiseln, die noch in dem Palästinensergebiet festgehalten werden, tot sind.
Israel geht seit dem Hamas-Großangriff massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, inzwischen mehr als 34.800 Menschen getötet.
Wie ein AFP-Korrespondent und Augenzeugen berichteten, gab es am Sonntag Artilleriebeschuss im Raum Gaza sowie einen Raketenangriff auf ein Haus bei Rafah. Im Zentrum und Süden des Gazastreifens flogen demnach israelische Hubschrauber Angriffe.
Ch.Siegenthaler--NZN