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In der Debatte um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht hat sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) klar positioniert. "Wir brauchen die Wehrpflicht, um auf Dauer genug Personal für die Bundeswehr zu rekrutieren", sagte Günther den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Sonntag. Verteidigungsexperten aus SPD und FDP plädierten derweil für Diskussionen über neue Konzepte.
Günther erwartet auf dem anstehenden CDU-Parteitag einen Beschluss zur Wiedereinführung. Die Wehrpflicht müsse "mittelfristig wieder eingesetzt werden – 2030 wäre es zu spät", sagte er den Funke-Zeitungen. Es könne aber nicht darum gehen, wie früher ganze Jahrgänge einzuziehen.
Günther nannte stattdessen das schwedische Modell als mögliches Vorbild. Dort würden alle 18-Jährigen eines Jahrgangs angeschrieben und müssten einen Fragebogen ausfüllen. Die geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten würden dann zur Musterung geladen.
"In Schweden wird dadurch der Bedarf an Soldatinnen und Soldaten allein aus Freiwilligen gedeckt", sagte der CDU-Politiker. Das könne auch ein Modell für Deutschland sein. Es müsse "natürlich verfassungskonform ausgestaltet sein". In einem zweiten Schritt müsse die Wehrpflicht dann "mit der allgemeinen Dienstpflicht auf eine neue Basis gestellt" werden.
"Wir werden uns auf dem Parteitag dafür einsetzen, dass die CDU sich im Grundsatzprogramm für die Wehrpflicht ausspricht", kündigte der Ministerpräsident an. Er rechne mit Zustimmung.
Der dreitägige Parteitag der Bundes-CDU beginnt am Montag. Im Fokus stehen dabei zunächst die Wahlen zu Präsidium und Bundesvorstand, darunter auch die geplante Wiederwahl von Parteichef Friedrich Merz. Am Dienstag will die CDU ihr neues Grundsatzprogramm diskutieren und verabschieden. Schon am Sonntag kommen in Berlin Präsidium und Bundesvorstand zusammen, um den Parteitag vorzubereiten.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn sprach sich in der "Welt" (Montagsausgabe) dafür aus, die alte Wehrpflicht nur für Männer wieder einzuführen. "Das geht schnell mit einer einfachen Mehrheit im deutschen Bundestag", sagte Hahn, der auch verteidigungspolitischer Sprecher seiner Fraktion ist. Voraussetzung sei aber "zunächst einmal das Bekenntnis, dass wir die Bundeswehr ausreichend finanzieren".
Außerdem müsse die Infrastruktur der Bundeswehr vor einer Rückkehr zur Dienstpflicht erweitert werden, um die zusätzlichen Soldaten auch unterbringen, ausbilden und mit dem nötigen Material ausstatten zu können. "Erst wenn diese Basis geschaffen und die militärische Notwendigkeit begründet ist, wäre die Union auch für eine Dienstpflicht", sagte Hahn.
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Wolfgang Hellmich, sprach sich in der "Welt" für eine offene Debatte über das Thema aus. "So falsch die einfache Aussetzung durch den Kabinettsbeschluss aus dem Jahr 2011 war, so notwendig ist heute die breite gesellschaftliche Diskussion über und Akzeptanz für neue Konzepte zur Personalgewinnung in der Bundeswehr", betonte er.
Seine Fraktion werde das Thema Wehrpflicht auf Grundlage der angekündigten Vorschläge von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) diskutieren. "Wir brauchen, und das ist Fakt, mehr Menschen, die willens und fähig sind, in den Streitkräften für unser Land zu dienen", sagte Hellmich der "Welt".
FDP-Verteidigungsexperte Alexander Müller betonte gegenüber der Zeitung, dass die FDP gegen einen Pflichtdienst sei. "Der Entzug der Freiheit junger Menschen muss sehr gut begründet werden, und eine solch bedrohliche Lage haben wir absehbar nicht", sagte er. Seine Fraktion sei aber bereit, "über alle Modelle und Vorschläge zu verhandeln, die die Personaldecke der Bundeswehr auf freiwilliger Basis wieder stärken können".
B.Brunner--NZN