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Die EU-Kommission will ein seit mehr als sechs Jahren laufendes Rechtsstaats-Verfahren gegen Polen beenden. In Polen bestehe "kein klares Risiko mehr für einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit", erklärte die Brüsseler Behörde am Montag. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb im Onlinedienst X von einem "Durchbruch" und gratulierte der pro-europäischen Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk.
Konkret geht es um ein Ende 2017 eingeleitetes Verfahren unter Artikel sieben des EU-Vertrags. Damit drohte Polen theoretisch ein Stimmrechtsentzug im Ministerrat. Dies wäre de facto einer Entmachtung Warschaus bei EU-Beschlüssen gleichgekommen.
Die Tusk-Regierung habe "klare Zusagen" gemacht, um die Rechtsstaatlichkeit in Polen wiederherzustellen, sagte ein Kommissionssprecher. Die im Oktober abgewählte Vorgängerregierung unter der nationalkonservativen PiS-Partei hatte die Gewaltenteilung aus Sicht der EU massiv eingeschränkt. Brüssel beanstandete vor allem eine umfassende Justizreform. Damit brachte die PiS aus EU-Sicht die obersten polnischen Richter unter ihre Kontrolle.
In dem Streit hatte Brüssel zwischenzeitlich Gelder in Milliardenhöhe für Polen blockiert. Nach den Zusagen der Tusk-Regierung hatte Warschau bereits erste 6,3 Milliarden Euro aus dem europäischen Corona-Wiederaufbaufonds erhalten. Auch Regionalfördermittel sollen freigegeben werden.
Als nächstes beraten die Europaminister der Mitgliedsländer am 21. Mai in Luxemburg über den Vorschlag. Danach will die Kommission ihre Entscheidung endgültig umsetzen. Ungarn wäre dann das einzige Land, gegen das noch ein Artikel-sieben-Verfahren läuft.
Die Mitgliedsländer hatten zuletzt allerdings wenig Bereitschaft für einen Stimmrechtsentzug gezeigt. Dieser gilt als extrem harte Sanktion, und vor allem kleinere Mitgliedsländer warnen vor einem Präzedenzfall.
P.Gashi--NZN