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Das ukrainische Parlament hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf verabschiedet, der den Einsatz von Häftlingen an der Front ermöglicht. Wie die Abgeordnete Olena Schuljak im Onlinedienst Facebook mitteilte, stimmten die Abgeordneten in Kiew in zweiter Lesung mit 279 Ja-Stimmen für das Vorhaben.
Dieses ermöglicht im Gegenzug für eine Amnestie den Einsatz von inhaftierten Straftätern in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte an der Front. Nach Angaben Schuljaks soll dies ausschließlich auf freiwilliger Basis geschehen. Zudem dürfen bei den Betroffenen nur weniger als drei Jahre Haftzeit übrig sein. Schwerverbrecher, die etwa wegen mehrfachen Mordes, Vergewaltigung oder Angriffen auf die nationale Sicherheit inhaftiert sind, erhalten die Möglichkeit nicht.
Vor einem Einsatz werde auch die körperliche und geistige Verfassung der Häftlinge geprüft, betonte die Abgeordnete Schuljak. Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss es vom Parlaments- und vom Staatspräsidenten unterzeichnet werden.
Die Organisation Schutz für ukrainische Gefangene, die sich für die Maßnahme eingesetzt hatte, zeigte sich enttäuscht über den angenommenen Text. Dieser sei "diskriminierend", erklärte die Nichtregierungsorganisation. "Sie haben den Urlaub für (kämpfende) Gefangene abgeschafft und wir wissen nicht, ob sie bis zum Ende des Krieges kämpfen sollen - was bedeuten könnte, dass sie länger als ihre Strafe kämpfen müssen."
Die Organisation befürchtet auch, dass die Schaffung von "Spezialeinheiten" für ehemalige Häftlinge zu Misshandlungen von Gefangenen führen könnten. Dies sei in Russland der Fall. Moskau setzt bereits seit langem Häftlinge an der Front ein.
Mehr als zwei Jahre nach Beginn des Krieges hat Kiew Probleme, genügend Soldaten zu rekrutieren, um die zunehmenden russischen Angriffe an der Front abzuwehren. Kürzlich wurden die Maßnahmen gegen Wehrdienstverweigerer verschärft und das Einberufungsalter von 27 auf 25 Jahre gesenkt.
S.Scheidegger--NZN