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Angesichts des militärischen Vorgehens der israelischen Armee in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens haben die USA eine Waffenlieferung an Israel ausgesetzt - und erwägen weitere Beschränkungen. "Wir haben eine Lieferung mit kurzfristiger Hilfe gestoppt und wir prüfen weitere", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Mittwoch. Unterdessen wurde der Grenzübergang Kerem Schalom zwischen Israel und dem Gazastreifen nach israelischen Angaben erneut mit Raketen beschossen.
Zur ausgesetzten Bomben-Lieferung an Israel bestätigte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin vor einem Ausschuss des Kongresses, dass diese 1800 907-Kilogramm-Bomben und 1700 226-Kilogramm-Bomben enthalten habe. Es sei "noch keine endgültige Entscheidung gefallen, wie wir mit dieser Lieferung weiter verfahren", sagte Austin weiter.
Zuvor hatte ein US-Regierungsvertreter gesagt, die Entscheidung zum vorläufigen Lieferstopp sei angesichts des angekündigten israelischen Militäreinsatzes in Rafah getroffen worden, den die USA ablehnen. Vertreter Israels und der USA hätten über Alternativen diskutiert, sagte er. Diese Gespräche dauerten jedoch noch an und hätten die "Bedenken" der Vereinigten Staaten nicht vollständig beseitigt.
Mit der Aussetzung der Waffenlieferungen setzte US-Präsident Joe Biden erstmals eine Warnung gegenüber dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in die Tat um, die US-Unterstützung vom Umgang mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen abhängig zu machen.
Israel hält trotz internationaler Kritik und der laufenden Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln an seinen Plänen für eine Bodenoffensive in Rafah fest, wo aktuell mehr als eine Million Menschen Zuflucht vor den Kämpfen suchen. Am Dienstag hatte die israelische Armee Panzer nach Rafah geschickt und auf der palästinensischen Seite die Kontrolle über den Grenzübergang zu Ägypten übernommen.
Unterdessen diskutierten der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der Chef des US-Geheimdienstes CIA, Bill Burns, einem israelischen Regierungsvertreter zufolge in Jerusalem über die "Möglichkeit" einer Kampfpause in Rafah im Austausch für die Freilassung von Geiseln durch die islamistische Palästinenserorganisation Hamas.
Am Mittwoch wurde unterdessen der Grenzübergang Kerem Schalom zwischen Israel und dem Gazastreifen israelischen Angaben zufolge mit acht Raketen beschossen. Infolge des Angriffs sei ein Soldat leicht verletzt worden, die Funktion des Grenzübergangs sei beeinträchtigt. Die Armee warf der Hamas vor, für den Beschuss verantwortlich zu sein.
Kerem Schalom ist der wichtigste Grenzübergang für die Einfuhr humanitärer Hilfe in den Gazastreifen. Israel hatte den Grenzübergang erst am Mittwoch wieder geöffnet. Er war bereits am vergangenen Wochenende nach Raketenbeschuss aus dem Palästinensergebiet geschlossen worden, zu dem sich die Hamas bekannt hatte. Dabei waren vier israelische Soldaten getötet worden.
Die israelische Armee nahm unterdessen weiterhin die Stadt Rafah unter Beschuss. Soldaten hätten "gezielte Operationen" im Osten der Stadt ausgeführt, erklärte das israelische Militär am Mittwoch. Dabei seien "mehrere Terroristen" getötet worden, zudem seien Tunnelöffnungen entdeckt und zerstört worden.
Weiter griff die Armee "mehr als 100 Ziele" bewaffneter Gruppen im gesamten Gazastreifen an. Beim Beschuss der Stadt Gaza wurden nach Angaben des örtlichen Krankenhauses mindestens sieben Menschen getötet. Bilder der Nachrichtenagentur AFP zeigten zudem, wie Menschen in Rafah versuchen, Angehörige aus einem zerstörten Gebäude zu bergen.
Israelischen Angaben zufolge wurde der Kommandeur der Marineeinheit der Hamas bei einem Luftangriff getötet. Mohammed Ahmed Ali sei verantwortlich gewesen für Angriffe auf israelisches Gebiet und Bodentruppen der israelischen Armee im Gazastreifen in der vergangenen Woche. Die Islamisten äußerten sich dazu zunächst nicht.
Nach mittlerweile sieben Monaten Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas ist die humanitäre Lage im Gazastreifen verheerend. Nach jüngsten Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) herrscht im Norden des Palästinensergebiets eine "Hungersnot, die sich immer weiter nach Süden ausbreitet".
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1170 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Durch die anschließenden israelischen Angriffe im Gazastreifen wurden nach jüngsten Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, inzwischen mehr als 34.800 Menschen getötet.
P.Gashi--NZN