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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat mit seiner Forderung, den Mindestlohn schrittweise auf 15 Euro zu erhöhen, eine Debatte ausgelöst. Deutliche Kritik kam am Dienstag von Arbeitgeberverbänden, die Scholz aufforderten, sich aus der Arbeit der Mindestlohnkommission herauszuhalten. Auch der Koalitionspartner FDP kritisierte den Kanzler scharf. Zustimmung erhielt er aus seiner eigenen Partei, von den Grünen sowie den Linken.
"Ich bin klar dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro, dann im nächsten Schritt auf 15 Euro anzuheben", sagte Scholz dem "stern" laut Vorabmeldung vom Dienstag. Die Arbeitgebervertreter in der Mindestlohnkommission kritisierte er für ihre Ablehnung stärker Erhöhungen.
Der Mindestlohn war im Oktober 2022 auf Basis einer politischen Entscheidung auf zwölf Euro pro Stunde angehoben worden. Anschließend sollte wieder wie gehabt die Mindestlohnkommission jährlich über weitere Erhöhungen entscheiden. Für 2024 und 2025 beschloss sie jeweils eine Anhebung um 41 Cent, wobei die Arbeitnehmervertreter von der Arbeitgeberseite überstimmt wurden.
Scholz, der die Entscheidung bereits wiederholt kritisiert hatte, warf nun den Arbeitgebervertretern vor, "mit der sozialpartnerschaftlichen Tradition" gebrochen zu haben, "einvernehmlich zu entscheiden". "Die Arbeitgeber haben nur auf einer Mini-Anpassung beharrt. Das war ein Tabubruch", sagte der Kanzler dem "stern".
"Wenn jemand einen Tabubruch begeht, dann der Bundeskanzler", reagierte darauf Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Scholz habe zugesagt, nicht mehr in die Arbeit der Mindestlohnkommission eingreifen zu wollen. "Für unsere Wirtschaft, die Arbeitsplatzsicherheit und die Tarifautonomie ist es brandgefährlich, aus wahlkampftaktischen Gründen den Druck auf die Mindestlohnkommission stetig zu erhöhen."
"Den Kanzler geht die Lohnfindung nichts an", er solle sich "heraushalten", echauffierte sich der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), Alexander Schirp. Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), nannte Scholz' Einmischung "eine Frechheit".
Zuspruch erhielt Scholz indes von der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt. Sie bezeichnete den Vorstoß des Kanzlers als "absolut richtig". "Die Anpassung des Mindestlohns in diesem und im nächsten Jahr ist viel zu niedrig angesichts der Belastungen der Beschäftigten", erklärte sie. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, sprach sich dafür aus, die Debatte "auch offensiv" zu führen und unterstützte den Vorschlag des Kanzlers.
Die dritte Ampel-Partei, die FDP, sieht dies anders. "Sie SPD sollte endlich Abstand von politischen Einmischungen dieser Art nehmen", erklärte deren arbeits- und sozialpolitischer Sprecher, Pascal Kober. Er verwies auf den Koalitionsvertrag und darauf, dass Scholz noch vor knapp einem Jahr zugesichert habe, "in bewährter Praxis der Mindestlohnkommission ohne politische Einmischung die Festlegung des Mindestlohns zu überlassen". "Der Kanzler bereitet den nächsten Wortbruch vor", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete und Chefin der Mittelstand- und Wirtschaftsunion MIT, Gitta Connemann, dem "Speigel.
Die stellvertretende Vorsitzende der Gruppe die Linke im Bundestag hält die Forderung des Kanzlers für eine Taktik im Wahlkampf. "Scholz kann als Kanzler mehr tun, als nur mediale Forderungen zu erheben. Er hat die Möglichkeit, diesen Schritt auch zu vollziehen", erklärte Susanne Ferschl. Jedoch hätten weder er noch SPD-Bundesarbeitsminister Hubertus Heil für eine Änderung des Mindestlohngesetzes gemäß EU-Vorgaben gesorgt. Nun eine Erhöhung anzustreben, halte sie für "Veräppelung der Wähler".
E.Leuenberger--NZN