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Die Verhandlungen für eine Feuerpause im Gazastreifen sind nach Einschätzung der katarischen Regierung durch Israels Militäreinsatz in Rafah zurückgeworfen worden. "Wir befinden wir uns fast in einer Sackgasse", sagte Katars Regierungschef Mohammed bin Abdulrahman al-Thani am Dienstag in Doha. Die Dinge hätten sich "nicht in die richtige Richtung" entwickelt, betonte er. Derweil erklärten die USA, bei Israels Vorgehen im Gazastreifen nicht von einem Völkermord auszugehen.
Seit Wochen versucht Katar gemeinsam mit Vertretern aus den USA und Ägypten ein Abkommen zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas zu vermitteln - bislang ohne Erfolg. "Natürlich hat uns das, was in Rafah passiert, zurückgeworfen", sagte bin Abdulrahman al-Thani nun. Es gäbe "keine Klarheit" darüber, wie der Krieg von israelischer Seite aus beendet werden könne.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hält ungeachtet der internationalen Kritik an einer Bodenoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens fest, wo mittlerweile mehr als eine Million Menschen Schutz vor den Kämpfen gesucht hat. Israel bezeichnet die Stadt als letzte Bastion der Hamas. Der Militäreinsatz zielt zudem darauf ab, dort vermutete Geiseln zu befreien.
In der vergangenen Woche war das israelische Militär mit Panzern in Rafah eingedrungen, hatte den Grenzübergang zu Ägypten eingenommen und die Bewohner zur Evakuierung aufgefordert. UN-Angaben zufolge haben mittlerweile 450.000 Menschen die Stadt verlassen. Viele befinden sich erneut auf der Flucht vor den Kampfhandlungen. Der Ostteil von Rafah wurden auch Dienstag nach Angaben von Augenzeugen bombardiert.
Israels wichtigster Verbündeter USA stellte derweil einen Militäreinsatz in Rafah zur Vernichtung der Hamas in Frage. "Es wäre ein Fehler, eine große Militäroperation im Herzen von Rafah zu starten, die eine enorme Zahl von Zivilisten gefährden würde, ohne einen klaren strategischen Gewinn zu erzielen", hieß es aus dem Weißen Haus.
Nach Angaben des Nationalen Sicherheitsberaters gehen die USA bei den israelischen Einsätzen im Gazastreifen jedoch nicht von einem Völkermord aus. Israel müsse mehr tun, um die Zivilbevölkerung zu schützen, sagte Jake Sullivan am Montag vor Reportern. "Wir glauben nicht, dass das, was in Gaza geschieht, ein Völkermord ist", betonte er. US-Präsident Joe Biden wolle die Hamas besiegt sehen, sei sich aber bewusst, dass sich die palästinensische Zivilbevölkerung in der "Hölle" befinde.
Ein Sprecher des katarischen Außenministeriums erklärte, dass die Bevölkerung im Gazastreifen seit dem Vordringen des israelischen Militärs in Rafah und der Einnahme der Grenzübergänge am 9. Mai von humanitärer Hilfe abgeschnitten sei. Die Hamas hatte angesichts ausbleibender Treibstofflieferungen zuvor vor einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems gewarnt.
Nach einem Antrag Südafrikas befasst sich in dieser Woche auch der Internationale Gerichtshof (IGH) mit dem israelischen Militäreinsatz in Rafah. Die Anhörungen seien für Donnerstag und Freitag angesetzt worden, teilte das höchste UN-Gericht in Den Haag mit. Südafrika verlangt Sofortmaßnahmen gegen Israel und den Rückzug der Truppen aus Rafah.
Der Krieg im Gazastreifen war am 7. Oktober durch einen Großangriff der Hamas auf Israel ausgelöst worden. 1170 Menschen wurden dabei nach israelischen Angaben getötet und rund 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Als Reaktion geht Israel seitdem massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei mittlerweile mehr als 35.100 Menschen getötet.
Am Dienstag meldete Hamas im gesamten Gazastreifen 82 Tote innerhalb von 24 Stunden; der Zivilschutz zählte acht Tote bei einem Angriff auf ein Wohnhaus in Nuseirat im Zentrum des Palästinensergebiets. Im Norden des Gazastreifens wurden Bewohner zum Verlassen einiger Gebiete aufgefordert, nachdem vor allem in der Stadt Gaza und in Dschabalija die Kämpfe wieder aufgenommen worden waren.
Erstmals seit Beginn des Kriegs kam UN-Angaben zufolge am Montag auch ein internationaler Beschäftigter der Vereinten Nationen bei einem Angriff im Gazastreifen ums Leben. Der Inder starb demnach, als ein UN-Fahrzeug auf dem Weg zu einem Krankenhaus in Rafah getroffen wurde. Ein weiterer Mitarbeiter sei verletzt worden, sagte UN-Sprecher Rolando Gómez am Dienstag. Die israelischen Behörden seien zuvor über Bewegung des Wagens informiert worden, zudem sei dieser klar als UN-Fahrzeug zu erkennen gewesen, fügte er hinzu.
O.Meier--NZN