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Nach gewaltsamen Protesten gegen eine geplante Wahlrechtsreform im französischen Überseegebiet Neukaledonien mit vier Toten und hunderten Verletzten hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Ausnahmezustand für die Inselgruppe im Pazifik angekündigt. Unabhängigkeitsbefürworter und -gegner riefen die Bevölkerung zur Ruhe auf.
Der Ausnahmezustand ermöglicht es den Sicherheitsbehörden unter anderem, die Bewegungsfreiheit einzuschränken und Demonstrationen zu verbieten. Bislang kamen etwa 140 Menschen in Polizeigewahrsam. Mehrere Gebäude wurden in Brand gesetzt. Zu den vier Toten zählt nach Informationen aus Sicherheitskreisen auch ein Polizist, der einen Kopfschuss erlitten hatte.
In der Hauptstadt Nouméa waren zahlreiche beschädigte und ausgebrannte Autos zu sehen. Es kam zu Plünderungen und Schusswechseln. Vor den Geschäften bildeten sich lange Schlangen. Der Flughafen bleibt bis auf Weiteres geschlossen.
Nach Angaben von Innenminister Gérald Darmanin waren am Mittwoch 1800 Polizisten und Gendarmen im Einsatz. Zusätzlich seien 500 Sicherheitskräfte aus Festland-Frankreich entsandt worden.
"Jede Form von Gewalt kann nicht akzeptiert werden und wird eine unerbittliche Antwort zur Folge haben, um die Rückkehr der republikanischen Ordnung wiederherzustellen", erklärte der französische Präsidentenpalast nach einer Krisensitzung des Verteidigungs- und Sicherheitsrates. Der politische Dialog müsse wieder aufgenommen werden.
Hintergrund der Proteste ist eine Verfassungsreform, die in der Nacht zu Mittwoch von der französischen Nationalversammlung mit 351 zu 153 Stimmen beschlossen wurde. Sie muss noch vom beiden Kammern des Parlaments gemeinsam mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit verabschiedet werden, um in Kraft zu treten. Macron sagte den Einwohnern von Neukaledonien in einem Schreiben zu, dass dies noch vor Ende Juni geschehen solle.
Nach der Reform bekommen mehr Einwohner als bisher das Wahlrecht bei den Provinzwahlen in Neukaledonien. Bislang bekamen Einwohner das Wahlrecht erst, wenn sie 25 Jahre in dem Überseegebiet gelebt haben. Künftig sollen es zehn Jahre sein.
Die Befürworter einer Unabhängigkeit von Frankreich, das die Inselgruppe Mitte des 19. Jahrhunderts kolonisiert hatte, befürchten, dass damit der Einfluss der ursprünglichen Bevölkerung schwinden könnte. In dem Überseegebiet leben etwa 300.000 Menschen.
"Diese Entscheidung wird unsere Möglichkeiten stark einschränken, Neukaledonien zu verwalten", sagte Louis Mapou, der Chef der Lokalregierung, der zu den Unabhängigkeitsbefürwortern zählt.
Regierungschef Gabriel Attal will den beteiligten Parteien nach eigenen Worten ein Treffen mit ihm sowie Innen- und Überseeminister Darmanin in Paris vorschlagen, um gemeinsam eine politische Lösung zu suchen.
Unterstützer und Gegner der Unabhängigkeit veröffentlichten am Mittwoch eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Bevölkerung zu "Ruhe und Vernunft" aufriefen.
Nach dem Beginn der Ausschreitungen am Montag hatten die Behörden in Nouméa ab Dienstagabend eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, die von den Protestierenden jedoch missachtet wurde.
J.Hasler--NZN