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Rund sechs Monate nach der Feststellung mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten sind am Sonntag die Kommunalwahlen in der serbischen Hauptstadt Belgrad wiederholt worden. Die Wahllokale öffneten um 07.00 Uhr und schließen um 20.00 Uhr. Auch in dutzenden weiteren Kommunen des Landes wurden die Wähler erneut an die Urnen gebeten.
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic hatte bei der Parlamentswahl und den Kommunalwahlen Mitte Dezember einen umfassenden Sieg für sich beansprucht. In Belgrad kam seine rechtspopulistische Serbische Fortschrittspartei (SNS) auf 49 der 110 Sitze im Stadtrat, das lose Oppositionsbündnis Serbien gegen Gewalt auf 43 Sitze.
Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellten jedoch "Unregelmäßigkeiten", "Stimmenkauf" und "Urnenstau" fest. Die Opposition warf der SNS Betrug vor. Dies führte zu massiver internationaler Kritik und wochenlangen Massendemonstrationen im Land. Die SNS stritt die Vorwürfe ab. Da keine regierungsfähige Mehrheit zustande kam, wurden im März schließlich Neuwahlen angeordnet.
Laut der Nichtregierungsorganisation CRTA, die sich für eine demokratische Kultur einsetzt, waren jedoch im Vorfeld der Neuwahlen "Probleme" festgestellt worden. So seien Wähler unter Druck gesetzt und öffentliche Mittel für Parteikampagnen verwendet worden.
Der Wahlkampf, der von hochrangigen Vertretern des Staates und der Stadt unterstützt wurde, ähnelte "einer landesweiten Wahl oder sogar einer Präsidentschaftswahl", erklärte die NGO, die eigenen Angaben zufolge bis zum 27. Mai "über 300 Wahlkampfaktivitäten in ganz Belgrad registriert" hatte, "bei denen hochrangige Beamte 700 Mal in Erscheinung traten" und in ihren Reden "die Kommunalwahl in Belgrad als entscheidend für das Land" bezeichneten.
Obwohl er nicht selbst kandidierte, war Vucic das Gesicht der Kampagne für die Koalition "Aleksandar Vucic - Belgrad Morgen". Die Opposition, die auf eine Abwahl des amtierenden Bürgermeisters Aleksandar Sapic von Vucivs Partei SNS hofft, spaltete sich indes weiter.
Im Zentrum des Konflikts steht ein auf Antrag der Opposition im Mai verabschiedetes neues Wahlgesetz, das es Menschen, die in den vergangenen elf Monaten umgezogen sind, verbietet, in ihrem neuen Wahlkreis zu wählen. Hintergrund sind Anschuldigungen vom Dezember, wonach Serben aus dem benachbarten Bosnien mit Bussen nach Belgrad gebracht worden waren, um dort illegal ihre Stimme abzugeben.
Einige Oppositionsparteien bezeichneten die Reform als unzureichend und riefen zum Boykott der Wahl in Belgrad auf. Andere entschlossen sich unter dem Motto "Ich entscheide mich, zu kämpfen" zu einer Teilnahme.
A.Ferraro--NZN