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In einer für Europa entscheidenden Richtungswahl ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für eine zweite Amtszeit gewählt worden. Nach ersten Hochrechnungen setzte sich Macron bei der Stichwahl am Sonntag mit 57,6 bis 58,2 Prozent gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen durch. Der Abstand der beiden Kandidaten ist deutlich knapper als vor fünf Jahren. Damals gewann Macron mit 66 Prozent. Brüssel und zahlreiche europäische Regierungschefs reagierten mit Erleichterung auf die Wiederwahl Macrons.
Der 44-Jährige wollte später am Abend am Eiffelturm zu den Franzosen sprechen. Dort brachen seine Anhänger nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen um 20.00 Uhr in Jubel aus. Getrübt wurde sein Wahlsieg durch die hohe Wahlenthaltung, die Schätzungen zufolge knapp 28 Prozent betrug - so viel wie seit 1969 nicht mehr.
Die zum dritten Mal bei einer Präsidentschaftswahl unterlegene Le Pen zeigt sich trotz ihrer Wahlniederlage kämpferisch. "Die Partie ist noch nicht gelaufen, es stehen noch Parlamentswahlen an", sagte sie am Abend vor ihren Anhängern in Paris.
Mit 41,8 bis 42,4 Prozent sei ihr Wahlergebnis ein "durchschlagender Sieg", sagte Le Pen in Anspielung auf das Ergebnis vor fünf Jahren. Damals hatte sie mit knapp 34 Prozent gegen Macron verloren.
Macron versprach im Wahlkampf Reformen und eine stärkere EU-Integration, nachdem seine erste Amtszeit von Gelbwesten-Protesten, Corona-Pandemie und zuletzt vom Ukraine-Krieg überschattet wurde. Angesichts des Krieges und einer galoppierenden Inflation steht Macron vor enormen Herausforderungen in seiner zweiten fünfjährigen Amtszeit.
Für viele gemäßigte Franzosen und Europäer bedeutet der Sieg des pro-europäischen Politikers eine Erleichterung. Ein Wahlsieg Le Pens hätte die deutsch-französische Zusammenarbeit erheblich gefährdet und in der EU ein ähnliches politisches Erdbeben ausgelöst wie der Brexit.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte Macron und erklärte auf Twitter, die Franzosen hätten "ein starkes Bekenntnis zu Europa gesendet". In einem ungewöhnlichen Schritt hatte Scholz zusammen mit den Regierungschefs Spaniens und Portugals die Franzosen zur Wiederwahl Macrons aufgerufen.
Auch EU-Ratspräsident Charles Michel gratulierte Macron. "In diesen stürmischen Zeiten brauchen wir ein starkes Europa und ein Frankreich, das sich voll und ganz für eine souveränere und strategischere Europäische Union einsetzt", schrieb Michel. Die EU könne nun fünf weitere Jahre auf Frankreich zählen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Europaparlaments-Präsidentin Roberta Metsola gratulierten ebenso.
Es ist das erste Mal seit der Wiederwahl von Jacques Chirac 2002, dass ein französischer Präsident im Amt bestätigt wurde. Chiracs Nachfolger Nicolas Sarkozy und François Hollande waren nur für eine Amtszeit gewählt worden.
Der französische Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon bezeichnete die Wahlniederlage Le Pens als eine "gute Nachricht für die Einheit unseres Landes". Macron sei jedoch "der Präsident mit dem schlechtesten Ergebnis der fünften Republik", sagte Mélenchon. "Er surft auf einem Meer von Nichtwählern und Enthaltungen", betonte er.
Mélenchon galt in der Stichwahl als Königsmacher, nachdem er in der ersten Runde mit 22 Prozent auf den dritten Platz gekommen war. Er hatte dazu aufgerufen, keine Stimme für Le Pen abzugeben, aber auch nicht explizit zur Wahl von Macron aufgerufen.
Der rechtsextreme Ex-Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour rief zu einer Koalition der Nationalisten auf. "Wir müssen die Streitereien vergessen und uns zusammenschließen", sagte er in Paris. Dabei sehe er die führende Rolle bei seiner Partei Reconquête! (Wiedereroberung). Zemmour hatte Le Pen im Wahlkampf zeitweise überholt, landete im ersten Wahlgang jedoch mit sieben Prozent auf dem vierten Platz.
In der Stichwahl waren knapp 49 Millionen Wähler aufgerufen, zwischen Macron und Le Pen zu entscheiden. Der 44-jährige Macron und seine Frau Brigitte gingen in Le Touquet am Ärmelkanal zur Wahl. Die 53-jährige Le Pen gab in ihrer nordfranzösischen Hochburg Henin-Beaumont ihre Stimme ab.
B.Brunner--NZN