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Nach Verlusten bei der Parlamentswahl in Indien hat sich die hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) von Premierminister Narendra Modi mit ihren Bündnispartnern auf eine Regierungsbildung geeinigt. "Wir alle haben uns einstimmig für den angesehenen NDA-Führer Narendra Modi als unseren Anführer entschieden", erklärte die BJP am Mittwoch mit Blick auf das von ihr angeführte Parteienbündnis Nationale Demokratische Allianz (NDA). Zahlreiche Staats- und Regierungschef gratulierten Modi zu seinem Wahlsieg, darunter auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Modis BJP hatte bei der Parlamentswahl erstmals seit zehn Jahren die absolute Mehrheit verloren und war daher auf Koalitionspartner angewiesen. Die aus 15 Parteien bestehende Bündnis NDA kommt auf insgesamt 293 Sitze im Parlament und verfügt damit über die nötige Mehrheit für eine Regierungsbildung. In der von der BJP veröffentlichten Erklärung hieß es weiter, die NDA-Koalition werde "Indiens Erbe bewahren" und sich für die "umfassende Entwicklung des Landes" einsetzen.
Die sechswöchige Parlamentswahl in Indien war am Samstag zu Ende gegangen. Mehr als 968 Millionen Menschen waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Modis BJP sicherte sich 240 Parlamentssitze, damit fehlten ihr jedoch 32 für eine absolute Mehrheit. Bei der Wahl 2019 war sie noch auf 303 Sitze gekommen. Die wichtigste Oppositionspartei, die Kongresspartei, konnte ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren fast verdoppeln und erhielt 99 Sitze.
Die USA gratulierten Modi am Mittwoch zum Wahlsieg seiner Koalition. Washington hoffe, mit ihm an einem "freien und offenen" Asien arbeiten zu können, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller. "Wir freuen uns darauf, unsere Partnerschaft mit der indischen Regierung fortzusetzen, um Wohlstand und Innovation zu fördern, die Klimakrise zu bewältigen und eine freie und offene indo-pazifische Region zu gewährleisten", führte Miller aus.
Auch Bundeskanzler Scholz beglückwünschte Modi zu seinem Wahlsieg. Deutschland und Indien seien seit Jahrzehnten "strategische Partner", betonte Scholz laut einer Mitteilung des Bundesregierung. "Die Zusammenarbeit zur Vertiefung der deutsch-indischen Beziehungen sowie zu internationalen und globalen Themen werden wir erfolgreich fortsetzen", erklärte er.
Der britische Regierungschef Rishi Sunak gratulierte Modi am Mittwoch telefonisch zu seinem Wahlerfolg, wie sein Amtssitz Downing Street mitteilte. Sunak habe Modi zudem "viel Erfolg für seine dritte Amtszeit" gewünscht.
Glückwünsche für den Wahlsieger kamen auch von Kreml-Chef Wladimir Putin. Der russische Präsident habe Modi per Telefon "herzlich zum Erfolg der Bharatiya Janata Party gratuliert", erklärte der Kreml.
Im Vorfeld der Wahl in Indien war mit einem Erdrutschsieg des wegen seiner hindunationalistischen Politik umstrittenen Regierungschefs gerechnet worden. Die BJP verzeichnete aber unerwartete Verluste. Das Regieren dürfte für Modi in dessen dritter Amtszeit deutlich schwieriger werden, sagten Beobachter einen Tag nach Bekanntgabe der Ergebnisse.
"Modi wird dazu gezwungen sein, auf andere zu hören. Wir werden mehr Demokratie und ein gesünderes Parlament sehen", sagte der Autor Nilanajahn Mukhopadhyay, der eine Biografie des Premierministers veröffentlicht hat. "Er wird ein ganz anderer Anführer sein müssen, als er es bisher war."
Auch die Bürgerinnen und Bürger in seinem eigenen Wahlkreis, der für Hindus heiligen Stadt Varanasi, hatten dem 73-Jährigen einen Dämpfer verpasst. Er holte dort 152.300 Stimmen, 2019 waren es noch fast 500.000. Trotzdem kündigte der Modi am Dienstagabend vor Anhängern "große Entscheidungen" für seine kommende Amtszeit an. Das Land werde "ein neues Kapitel der Entwicklung schreiben".
Die Gründe für das schlechtere Abschneiden der Partei sehen Experten vor allem in der Arbeitslosigkeit. Modis Amtszeit war von einem Wirtschaftswunder geprägt. Indien mauserte sich zur am schnellsten wachsenden großen Volkswirtschaft der Welt und ist derzeit die fünftwichtigste Wirtschaftsmacht überhaupt. Besonders in der IT-Industrie wurden viele qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen, was die Mittelklasse wachsen ließ.
E.Leuenberger--NZN