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Bei der Parlamentswahl in Slowenien hat sich eine schwere Schlappe für den rechtspopulistischen Regierungschef Janez Jansa abgezeichnet. In den ersten Teilergebnissen vom Sonntagabend lag die oppositionelle Freiheitsbewegung (GS) des liberal ausgerichteten Polit-Neulings Robert Golob deutlich vor Jansas Partei SDS. "Die Menschen wollen Veränderungen und haben uns das Vertrauen ausgesprochen, diese Veränderungen herbeizuführen", sagte Golob, der früher Manager einer Stromgesellschaft war.
Golobs GS lag nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmen bei knapp 33 Prozent, die SDS bei 25 Prozent. Für Jansa könnte es damit schwierig werden, mit seinen Mitte-Rechts-Verbündeten wieder eine Mehrheit im Parlament in Ljubljana zustande zu bringen und an der Macht zu bleiben. Golob kann für eine Regierungsbildung mit der Unterstützung von mehreren Mitte-Links-Parteien rechnen.
Der deutliche Vorsprung für seine Freiheitsbewegung kam überraschend. In dem südosteuropäischen Land war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der GS und der Partei des Regierungschefs erwartet worden. Die Wahlbeteiligung war offenbar sehr hoch. Um 16.00 Uhr lag sie nach Angaben der Wahlkommission bei 49,3 Prozent und damit um knapp 15 Prozentpunkte höher als bei der Parlamentswahl vor vier Jahren.
Golob sagte in seiner Ansprache am Wahlabend: "Morgen werden wir hart daran zu arbeiten beginnen, das Vertrauen (der Wähler) zu rechtfertigen." Der 55-jährige Politik-Newcomer äußerte sich in einem Livestream von seinem Haus aus, da er sich derzeit wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne befindet.
In der Wahlkampfzentrale der GS wurde Golobs Rede mit Jubel aufgenommen. GS-Vizechefin Urska Klakocar Zupancic bezeichnete den sich abzeichnenden Wahlausgang als Erfolg für "die Demokratie". Regierungschef Jansa äußerte sich am Wahlabend zunächst nicht. Innenminister Ales Hojs sagte, vor einer Stellungnahme solle zuerst "die offizielle Auszählung der Ergebnisse" abgewartet werden.
Der 63-jährige Jansa hatte im Wahlkampf Stabilität versprochen und mit Slogans wie "Keine Experimente" für seine Partei geworben. Doch der Regierungschef ist sowohl innenpolitisch als auch in der EU stark umstritten. Die Opposition wirft Jansa vor, die demokratischen Institutionen seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren ausgehöhlt und die Pressefreiheit eingeschränkt zu haben.
Seit Jansas Amtsantritt gab es immer wieder große Demonstrationen, die sich gegen autoritäre Tendenzen in Slowenien richteten. In der EU wird Jansas enges Verhältnis zu Ungarns rechtsnationalistischem Ministerpräsidenten Viktor Orban mit Argwohn betrachtet. Jansa ist auch ein Bewunderer des früheren US-Präsidenten Donald Trump.
Golob hatte die Wahl im Vorfeld als "Referendum über die Demokratie in Slowenien" bezeichnet. Der Oppositionschef leitete früher ein großes Energieunternehmen mit Schwerpunkt auf der Solarenergie.
W.Odermatt--NZN