Zürcher Nachrichten - Grenzkontrolle im Schengenraum darf nur bei "neuer Bedrohung" verlängert werden

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Grenzkontrolle im Schengenraum darf nur bei "neuer Bedrohung" verlängert werden
Grenzkontrolle im Schengenraum darf nur bei "neuer Bedrohung" verlängert werden / Foto: JOE KLAMAR - AFP/Archiv

Grenzkontrolle im Schengenraum darf nur bei "neuer Bedrohung" verlängert werden

EU-Mitgliedsstaaten dürfen vorübergehende Grenzkontrollen an ihren Binnengrenzen nur dann über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus verlängern, wenn sich eine neue Bedrohung ihrer inneren Sicherheit ergibt. Das stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg in einer am Dienstag verkündeten Entscheidung zu Kontrollen innerhalb des sogenannten Schengenraums klar. Diese neue Bedrohung müsse sich dabei von derjenigen unterscheiden, die ursprünglich zur vorübergehenden Wiedereinführung der Grenzmaßnahmen geführt habe.

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Konkret ging des in dem Fall um die Grenze zwischen Österreich und Slowenien, an der die österreichischen Behörden ab 2015 wegen der Fluchtkrise wieder kontrollierten. Ein Mann bekam dort 2019 eine Geldstrafe von 36 Euro, als er sich weigerte, Grenzbeamten seinen Personalausweis vorzuzeigen. Dagegen und gegen die Grenzkontrollen an sich klagte er später in Österreich. (Az. C-368/20 und C-369/20)

Laut Schengener Grenzkodex können Kontrollen von einem EU-Mitglied für längstens sechs Monate wieder eingeführt werden, wenn ihre innere Sicherheit oder öffentliche Ordnung ernsthaft bedroht sind. Österreich wandte diese Ausnahme mehrmals hintereinander an. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark, das die Klage verhandelt, fragte vor diesem Hintergrund beim EuGH an, ob das rechtens sei.

Das Luxemburger Gericht stellte in seinem Beschluss nun klar, dass eine erneute Anordnung von Grenzkontrollen nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten von einem Mitgliedsstaat nur mit einer "neuen ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit" begründete werden könne, die sich "von der ursprünglich festgestellten unterscheidet". Genauer beurteilt werden müsse dies "anhand der konkreten Umstände und Ereignisse".

Zur Begründung verwies der Gerichtshof auf den vom EU-Gesetzgeber intendierten Sinn der Sechsmonatsfrist. Der Zeitraum wird demnach als ausreichend angesehen, damit Mitgliedstaaten gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen EU-Staaten Wege finden, der Bedrohung zu begegnen, ohne den freien Personenverkehr im Schengenraum weiter einzuschränken. Nur das Auftauchen einer neuen Bedrohung erlaubt demnach eine neue ausnahmsweise Anordnung solcher Kontrollen.

Für den Fall außergewöhnlicher Krisen gebe es außerdem noch einen speziellen länderübergreifenden Notfallmechanismus, wie der EuGH betonte. Der Rat könne Mitgliedsstaaten empfehlen, für längstens zwei Jahren ausnahmsweise an den Binnengrenzen zu kontrollieren. Der Fall sei dabei allerdings für Ausnahmesituationen vorgesehen, die "das Funktionieren des Schengenraums insgesamt" gefährdeten.

Eine solche Pauschalempfehlung des Rats sei im vorliegenden Fall zuletzt am 10. November 2017 abgelaufen, also einen Tag vor der Kontrolle des Klägers. Österreich hätte im Anschluss eigenständig eine neue Bedrohung nachweisen müssen, um Kontrollen weiterhin zu rechtfertigen, erklärten die Richter. Nach ihrer Einschätzung war dies nicht erfolgt, womit die Kontrolle unrechtmäßig wäre. Ob dies tatsächlich so war, müsse aber das Landesverwaltungsgericht klären.

L.Zimmermann--NZN